In der neuen Staffel zeigt die fünfteilige Serie die Herausforderungen des Skiortes, der schweizweit durch seine wertkonservative Haltung bekannt ist, aber auch als zukunftsträchtige Tourismusdestination wahrgenommen werden möchte. Ein Leben mit dem Chuenisbärgli und Jesus Christus.
Zwischen Weltcup und Tourismus
Adelboden im Berner Oberland, das ist das Weltcuprennen am Chuenisbärgli. Adelboden aber soll das ganze Jahr hindurch Touristinnen und Touristen anlocken. Schafft das Dorf den Wandel zu einer Ganzjahresdestination und was heisst das für die Menschen? Denn abhängig vom Tourismus sind hier alle – vom Hotelier über den Schreiner bis zu den Offizieren der Heilsarmee.
Chris Rosser ist Hotelier mit Leib und Seele. Für 10 Millionen Schweizer Franken soll der 38-jährige Gastronom in Adelboden das erste Aparthotel mit 144 Betten und die erste Filiale des Restaurants Mister Cordon eröffnen. Rosser will mehrTouristinnen und Touristen in sein Dorf locken. «Wir brauchen das ganze Jahr Touristen, sonst sind wir in zehn Jahren tot», sagt er. Chris Rosser und seine Familie haben ihr ganzes Vermögen in dieses Projekt gesteckt. Normalerweise nimmt er ein Scheitern in Kauf. Hier ist er zum Erfolg verdammt.
«Unser Dorf»: Hotelier trifft auf Naturmensch
Eine Vision mit Gegenwind
Einen Balanceakt vollführt der 34-jährige Simon Schranz. Als naturverbundener Jäger und Strahler mahnt er für einen massvollen Tourismus. Denn: Zu viele Bikerinnen, Gleitschirmflieger und Wanderer stören nachweislich die Ruhe des Wildes. Andererseits lebt der gelernte Zimmermann von Aufträgen für Zweitwohnungsbesitzende. Zudem stellt Schranz für das Weltcuprennen die Tribünen auf und lockt damit Hunderte von Touristinnen ins Tal. Am liebsten wäre ihm aber, wenn es bei den Skirennen gar kein Publikum geben würde. Eine Zerreissprobe für den jungen Adelbodner.
Freikirchen prägen das Dorf
Sie wuchsen bodenständig auf, heirateten über den Miststock hinweg und sind heute Eltern von fünf Kindern: Rebekka und Paul Müller. Erzogen wurden sie nach den biblischen Wertmassstäben der Freikirche «Gemeinde für Christus». Auch das Ehepaar hält am Wort Gottes fest und gibt diese Werte an seine Kinder weiter. Finanziell kommt die Familie dank des Tourismus über die Runden. So verdient Paul Müller sein Geld wie viele Adelbodner mit zwei Tätigkeiten; als selbständiger Schreiner sowie leidenschaftlicher Pistenfahrer im Winter.
Seit zehn Jahren leben Judith und Christan Dummermuth mit ihren vier Kindern in Adelboden. Die Heilsarmee hat die beiden nach Adelboden geschickt und das auf Zeit. Ihr Auftrag lautet, das Evangelium zu verbreiten und seelsorgerisch für die Gemeinde tätig zu sein.Boomt der Tourismus, profitieren indirekt auch Dummermuths davon. Denn dann füllen sich die Spendenkassen und die Heilsarmee-Offiziere bekommen Ende Monat ihren Lohn für Geleistetes ausbezahlt.
Regula Grunder ist seit über 30 Jahren Lehrerin in Adelboden. Schon ihr Vater hat die Kinder politisiert und genau dieses Ziel verfolgt auch Grunder. «Eine eigenständige Meinung sollen die Kinder hier oben entwickeln», findet sie. Die Lehrerin ist Adelbodnerin durch und durch, hat manchen Wandel schon miterlebt und würde sich freuen, Adelboden würde offener und multikultureller werden.
«Unser Dorf»: Freikirchen vs. Weltoffenheit
Der Coiffeursalon als Gegenpol
Und dann ist da noch Larissa Jungen, eine ehemalige Schülerin von Regula Grunder. Die 21-Jährige hat einen eigenen Coiffeursalon – und tickt etwas anders als die anderen im Dorf.
Ihre Welt sind die Drag Queens, die sie als gelernte Makeup-Artistin schminkt, die Fashion Week in Paris und die Touristinnen, die sich bei ihr die Haare schneiden lassen. Adelboden ist am Aussterben, für Jugendliche gibt es kaum mehr Angebote.Mehr Touristen bringen mehrVielfalt und mehr Leben ins konservative Dorf.
Verschiedene Menschen und ihre Lebenswelten, und die grosse Frage:Hat Adelboden eine Identitätskrise? Das ist «SRF bi de Lüt – Unser Dorf». Die fünfteilige Serie ab 11. März 2022, jeweils freitags, 20.05 Uhr, SRF 1.