Gut, eine gewisse Eigenwilligkeit kann man den Geissen (die Böcke sind mitgemeint) nicht absprechen. Manchmal haben sie einfach null Bock. Nicole Berchtold, die derzeit mit den Wanderziegen Lucky und Big Joe über 150 Kilometer zu Fuss unterwegs ist, kann ein Lied davon singen.
Doch Ziegen können so viel mehr als bockig sein. Sie gelten als gesellig, neugierig und intelligent. Und sie leisten ganz nebenbei Erstaunliches für uns Menschen, wie die folgenden Einsatzgebiete zeigen.
Ziegen als Naturschützerinnen
Sie futtern für den Naturschutz. Trockenwiesen und -weiden im alpinen Raum sind ein Hotspot der Biodiversität, mit zahlreichen Tier- und Pflanzenarten. Doch sie gehen immer mehr zurück, verbuschen und verbrachen.
Und hier kommen die Wanderziegen ins Spiel: Sie sind auch in unwegsamem Gelände trittsicher und knabbern dabei alles weg: Blätter, aber auch Rinde und Gehölztriebe von Sträuchern. In einem 2018 lancierten Biodiversitätsprojekt lässt man Ziegenherden gezielt die Büsche der alpinen Wiesen und Weiden abfressen. So können seltene Blumen und Gräser wieder wachsen, Insekten und andere Tiere siedeln sich wieder an.
Auch 2023 sind die Wanderziegen in Schweizer Berggebieten im Einsatz. Lucky und Big Joe sind ebenfalls unterwegs zu ihrem Sommerjob «Entbuschung» in Dallenwil NW.
Ziegen als Brandbekämpferinnen
Sie futtern für den Brandschutz. 2022 gilt als Jahr der Waldbrände in Europa, mit der zweitschlimmsten Waldbrandsaison in der EU seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2000. In Spanien, Frankreich oder Portugal zum Beispiel brannten erhebliche Flächen ab. Eine mögliche Lösung, um die Brandgefahr zu senken, ist der Einsatz von Ziegen.
Diese fressen die trockene, leicht brennbare Vegetation von brachliegenden Flächen gründlich ab, sodass diese nicht mehr so leicht in Brand geraten. Dass die Waldbrandgefahr mithilfe von Pflanzenfressern gedämmt werden kann, zeigt etwa diese Studie aus dem Jahr 2021. Sie untersuchte den Effekt von Weidetieren auf das Brandrisiko.
Ziegen als Warnerinnen vor Naturkatastrophen
Manche Katastrophen können auch Ziegen nicht abwenden. Aber sie können davor warnen. Zum Beispiel vor Vulkanausbrüchen. Vier bis sechs Stunden bevor der Vulkan Ätna in Sizilien ausbricht, werden die Ziegen an den Hängen des Vulkans unruhig.
Sie flüchten in bewaldete Gebiete, wo sie sich sonst ganz selten aufhalten. Dies beobachteten Forschende des Projekts Icarus, die mithilfe von Minisendern an Tieren weltweit deren Wanderungen untersuchen. Im beobachteten Zeitraum haben die Ziegen am Ätna jeden grossen Ausbruch vorhergesagt, wie Forschungsleiter Martin Wikelski berichtet.
Ziegen als Entertainerinnen in Videocalls
Für manche Büromenschen fühlen sich Videocalls ähnlich schlimm an wie Naturkatastrophen. Daher die vielleicht wichtigste und nützlichste Aufgabe von Ziegen zum Schluss: Sie lockern langweilige Videocalls auf.
Kein Witz: In England bietet die Bäuerin Dot McCarthy ihre Ziegen zur Miete für Videokonferenzen an. Für fünf Pfund nimmt eine Ziege der Wahl für fünf Minuten live am Call teil und bringt so etwas Schwung in die Runde. Oder übernimmt das Meckern in der Sitzung. Eine muss es ja tun.