Die Vorwürfe wiegen schwer. «Verfolgt, gefoltert, getötet», stand in den Titeln zu Berichten über die Schwulenverfolgung in Tschetschenien.
Die Säuberungswelle begann laut einem Bericht von Human Rights Watch im Februar dieses Jahres und dauerte mehrere Wochen. Dutzende Männer seien von der tschetschenischen Polizei verhaftet worden, weil sie angeblich schwul sind. Die Männer wurden demnach an unbekannten Orten festgehalten und gefoltert, Namen von weiteren mutmasslich Schwulen erpresst.
Laut HRW kamen die meisten Männer wieder frei. Doch sind Schwule in Tschetschenien einmal geoutet, droht ihnen die Ermordung durch die eigene Verwandtschaft. Denn ein homosexuelles Familienmitglied gilt als Schande. Laut HRW animierten die tschetschenischen Behörden Angehörige zu «Ehrenmorden», indem sie die mutmasslich schwulen Männer den Familien übergaben.
Die tschetschenische Führung will von all dem nichts wissen. Ein Regierungssprecher sagte:
«Man kann nicht Menschen verhaften oder unterdrücken, die es bei uns gar nicht gibt.»
Auch die russischen Behörden stritten die Berichte zunächst ab. Erst auf internationalen Druck versprach Moskau im April halbherzig, die Vorgänge in Tschetschenien zu untersuchen.
Russische Schwulen-Aktivisten trauen dem Kreml allerdings nicht und setzen deshalb auf die EU. Letzte Woche haben sie Brüssel aufgefordert, eine Untersuchung einzuleiten. Denn es stehe nach wie vor das Leben von dutzenden Männern auf dem Spiel.