Für all das ist sie x-fach mit Kunst- und Kulturpreisen ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem Schweizer Kleinkunstpreis oder dem Overall Excellence Award als Outstanding Actor am Fringe Festival in New York. «Die Schneiderin» ist eines der vier Soloprogramme von Gardi Hutter. Daneben tourt sie seit Jahren auch noch mit «So ein Käse», «Die tapfere Hanna» und «Die Souffleuse» durch die halbe Welt.
In «Die Schneiderin» sind es die Bretter des Schneidertisches, die ihr die Welt bedeuten. Ein Blick durch das Knopfloch genügt: Erzählstoff gibt es in riesigen Ballen. Die Schneiderin richtet mit der grossen Schere an. Es wird weder an Boshaftigkeit noch an Unglück gespart. Sie lässt die Puppen tanzen, und Abgründe tun sich im Nähkästchen auf. Bei so vielen Spulen kann sogar das Schicksal den Faden verlieren.
In der Werkstatt der Schneiderin steht ein Schicksalsrad. Dieses dreht sich um die Endlichkeit des Seins und die Unendlichkeit des Spiels - in der Art der Clowns und ausserhalb der Zeit. Seit Urzeiten ist das Schicksal mit Faden und Schere verbunden. In vielen Mythologien kommen drei Schicksalsgöttinnen vor - die Moiren (griechisch), Parzen (lateinisch), Nornen (altnordisch). Die Erste spinnt den Lebensfaden, die Zweite bemisst ihn, die Dritte schneidet ihn ab. Sie sind die noch ungezähmten Urahninnen der Schneiderin.
Mythologien sind wahre Fundgruben für das Theater. Sie speichern unendlich viele Geschichten, die sich frühere Menschen gesponnen haben, um dem Leben - und dem Sterben - Sinn zu geben. Der Tod ist dort nie ein abruptes Ende. Er ist meist eine Reise in ein anderes Land oder gar ein Zurückkehren zu Mutter Erde, quasi ein Heimkommen. Die Erfindungen sind, wie auch die Natur, variantenreich, überraschend, fantasievoll und oft grotesk - bis hin zur Figur des schwangeren Todes. Das stete Werden und Vergehen ist wohl die grösste Herausforderung für den menschlichen Geist.
Das vorliegende Programm wurde im Herbst 2015 in Brasilien aufgezeichnet. Gardi Hutter hat das Original um rund 14 Minuten gekürzt.