«Ich hatte nicht das beste Gefühl. Aber meistens ist es ja schnell, wenn es nicht perfekt ist», sagte Corinne Suter im Anschluss an ihre Gold-Fahrt in Yanqing. In diesem Fall war es schnell. Auch schneller als Sofia Goggia, die in dieser Saison zwei Drittel der Abfahrten dominiert hatte. «Das Adrenalin und wenn es um etwas geht, dann kann ich noch ein Stückchen mehr ans Limit», lautete ihre Erklärung.
2014 hatte Suter an den Junioren-Weltmeisterschaften sowohl die Abfahrt wie auch den Super-G gewonnen. Bei den «Grossen» liess der Durchbruch der Schwyzerin – auch durch einige Verletzungsrückschläge – aber etwas auf sich warten. Zwar gelangen Suter immer wieder gute Resultate. In Lake Louise etwa wurde sie Ende 2016 Vierte. Mit einem Podestplatz im Weltcup wollte es aber auch in der folgenden Saison nicht klappen.
Seit Are stimmt es auch im Kopf
Die Wenigsten hatten Suter wohl auf dem Zettel, als diese an der WM 2019 in Are überraschend die Bronzemedaille im Super-G gewann. Fünf Tage später legte die damals 24-Jährige mit Silber in der Abfahrt noch einen drauf. Und die Titelkämpfe in Schweden sollten erst der Anfang sein. Seit dem Durchbruch in Are rollt der Suter-Express.
Are gab mir das Vertrauen, dass es möglich ist.
Unmittelbar nach der WM in Are klappte es auch im Weltcup mit den Podestplätzen. Sowohl in Crans Montana wie auch beim Weltcupfinale in Soldeu wurde Suter jeweils Dritte, ehe sie in der Folgesaison in Zauchensee ihre Sieg-Premiere in einer Abfahrt bejubeln durfte. Und nicht nur das: Suter entwickelte sich in der Saison 2019/20 zu einer der konstantesten Speedfahrerinnen, gewann sowohl in der Abfahrt wie auch im Super-G die kleine Kristallkugel.
Zwei Jahre nach dem Durchbruch in Are folgte die vorläufige Krönung in der damaligen Karriere der Schweizerin: In Cortina wurde Suter Weltmeisterin in der Abfahrt und nahm obendrein die Silbermedaille im Super-G mit nach Hause. «Are gab mir das Vertrauen, dass es möglich ist. Ich stand mir oft selber im Weg und habe es mir nicht zugetraut. Und wenn es im Kopf nicht stimmt, ist es extrem schwierig», sagte Suter rückblickend.
Mit Gold in Peking hat Suter nun endgültig den Sport-Olymp erklommen. Nach Beat Feuz (Abfahrt), Lara Gut-Behrami (Super-G) und Marco Odermatt (Riesenslalom) ist es in Peking die 4. Goldmedaille für die Alpinen. Noch nie haben die Schweizer an Olympischen Winterspielen mehr geholt. Bisher waren die drei Goldmedaillen an den Spielen 1972 und 1988 die Bestmarke. Zudem ist es nach den Spielen 1972 in Sapporo (Bernhard Russi und Marie-Theres Nadig) das zweite olympische Abfahrts-Double für die Schweiz.
Und noch ein «Fun Fact» am Rande: 2022 ist das 4. Mal in der olympischen Geschichte, dass dasselbe Land sowohl die Frauen-Olympiasiegerin als auch den Männer-Olympiasieger in der Abfahrt stellt. Zuvor war dies Österreich 1964 (Egon Zimmermann/Christl Haas), der Schweiz 1972 (Russi/Nadig) und Österreich 1980 (Leonhard Stock/Annemarie Moser-Pröll) gelungen.