Die Uhr blieb bei sagenhaften 46,40 Sekunden stehen. Was der erst am Sonntag 20 Jahre alt werdende Zhanle Pan im Final über 100 m Freistil ins Olympia-Becken zauberte, ist zweierlei:
- Eine Fabelzeit. So sprengte der Chinese seine eigene Weltrekord-Marke vom Februar bei der WM in Doha geradezu und senkte die Zeit um 4 Zehntel.
- Eine Demütigung für die Konkurrenz. Der beste des gesamten Rests, Kyle Chalmers (AUS) als Silbergewinner, schlug mit einem Rückstand von 1,08 Sekunden am.
SRF-Schwimmsport-Experte Tobias Gross hatte Mühe, Pans Leistung hinterher einzuordnen. Er verweist auf einen Quantensprung im Schwimmsport und rollt entsprechend die Entwicklung des Weltrekords auf. Jahrelang hätten die im Sommer 2009 aufgestellten 46,91 Sekunden von César Cielo Filho (BRA) Bestand gehabt. Erst 2022 gelang es zunächst David Popovici (ROM) und später eben Pan, diese Zeit zu unterbieten. Aber die Sprünge seien mit einer Verbesserung von 5 Hundertstel bzw. 6 Hundertstel vergleichsweise gering gewesen.
Bei seiner neuen Benchmark am Mittwochabend hatte der Asiate nun schon die erste Bahnlänge, also die ersten 50 Meter, in imposanten 22,28 Sekunden zurückgelegt.
Plötzlich soll der Pool so anders sein
Gross scheint bei seiner Beurteilung auch deshalb geschockt und ratlos zu sein, weil bislang der Pool in der Pariser Arena La Défense als «schwierig und langsam galt». Nun aber habe Pan die bisherige Annahme über die Bedingungen des Beckens komplett über Bord geworfen. «Ich hätte im Vorfeld des Wettkampfs nie eine solche Leistung prognostiziert», sagt der SRF-Experte.
Und was sagt der «Wundermann» selbst? «Ich habe mein Bestes gegeben. Am Ende war ich sehr überrascht, dass ich den Weltrekord gebrochen habe. Es war ein magischer Moment», so liess sich der Jungspund von einem Übersetzer zitieren.
Wegen Enthüllungen: Ein Beigeschmack bleibt
Zur Einordnung muss man auch folgenden Hintergrund kennen. Ein Dopingsturm hat Chinas Schwimmteam bis mit nach Paris verfolgt. Im April wurde publik, dass 23 Athleten und Athletinnen aus dem Reich der Mitte Anfang 2021 positiv auf ein verbotenes Herzmedikament getestet worden waren, hinterher jedoch nie sanktioniert wurden.
Der chinesischen Anti-Doping-Agentur zufolge waren die positiven Proben auf Verunreinigungen in einer Hotelküche zurückzuführen. Eine unabhängige Untersuchung bestätigte die Handhabung des Falls durch die Welt-Anti-Doping-Agentur.
Für Pan selbst gilt die Unschuldsvermutung, zumal er erwiesenermassen nicht zum erwähnten 23-köpfigen Athletenkreis gehörte, der unter Verdacht gestanden hat. Das letzte Wort gehört wiederum Pan selbst: «Ich bin in den letzten Monaten mehr als 20 Mal getestet worden.»