Im Schwimm-Sport gibt es keine gelben Karten. Ein Schiedsrichter-Entscheid zu Ungunsten einer Athletin oder eines Athleten bedeutet immer den sofortigen Ausschluss. Dementsprechend viel Verantwortung tragen auch die Unparteiischen.
Sie teilen sich die Arbeit – wohl wohlweislich – breit auf, so auch an den Olympischen Spielen in Paris. Neben dem Hauptschiedsrichter, der die endgültige Entscheidung trifft, wuseln meist über 20 weitere Richter um den Pool herum.
Es gibt Wenderichter, die an beiden Enden der Bahn – wenig überraschend – die Wende beobachten, oder Stilrichter, die an den Seiten patrouillieren und die Einhaltung der Stilvorgaben überwachen, wie mir Daniel Laube erklärt. Der Aargauer steht in Paris über die gesamten neun Wettkampftage im Einsatz. «Wir sind die Augen des Hauptschiedsrichters am Poolrand», so Laube.
Weitere Unterstützung kriegt das Schiedsrichter-Oberhaupt vom sogenannten «Chef Wenderichter», der die restlichen Richter am Pool koordiniert. Unter den Schiedsrichtern werden die verschiedenen Positionen täglich getauscht. Und nicht zuletzt stützen sich die Unparteiischen auf zahlreiche Kameras am Poolrand, an der Decke und sogar im Wasser.
Der Fall Greenbank
Im Vergleich zu früheren Grossanlässen werden in Paris aktuell wenig Disqualifikation ausgesprochen, erörtert Laube. Trotzdem war er bei einem Entscheid bereits als «Chef Wenderichter» hautnah beteiligt.
In den Vorläufen über die 200 Meter Rücken erwischte es nämlich den Briten Luke Greenbank: Er tauchte nach einer Wende zu spät auf. Ein Richter meldete den Vorfall Laube, «und dann begann das Protokoll zu laufen», so der 53-Jährige. Es ging zu Ungunsten des ehemaligen Welt- und Europameisters Greenbank aus.
Wenig Spielraum für die Richter
Solche harten Entscheide zu treffen bzw. einzuleiten, fällt Laube nicht schwer. «Wir haben ein klares Regelbuch, in dem genau steht, was erlaubt ist und was nicht», meint er nüchtern. «Wenn man dagegen verstösst, gibt es eine Disqualifikation. Der Spielraum für einen Schiedsrichter ist sehr klein.»
Am olympischen Beckenrand stehen natürlich auch nicht irgendwelche. Es braucht einen meterlangen Leistungsausweis, um von der eigenen Nation überhaupt vorgeschlagen zu werden. «Und dann muss man auch Glück haben, dass man vom Olympischen Komitee ausgewählt wird», so Laube, nebenberuflich auch noch Präsident des Schwimmverbands RZW (Region Zentralschweiz West). «Es ist auf jeden Fall eine grosse Ehre.»
Laube wird noch bis am Sonntag sein prüfendes Auge auf die Schwimmerinnen und Schwimmer werfen. Und dann glücklich und «mit meinem Karriere-Highlight» im Gepäck nach Hause fahren.