Am dritten Wettkampftag erlöste die 24-jährige Rafaela Silva die Gastgebernation. Ihr Finalsieg in der Klasse bis 57 kg bescherte dem judoverrückten Brasilien die erste Goldmedaille der Olympischen Spiele 2016.
Drogendealer und Gewalt
Im Leben zu kämpfen, das hat Silva früh gelernt. Aufgewachsen ist sie in Rios Quartier Cidade de Deus, einem der am stärksten von Gewaltverbrechen heimgesuchten Orte Brasiliens. «Wenn du hier nicht zuschlägst, dann schlägt dich jemand anders», beschreibt Silvas Schwester Raquel die Umgebung ihrer Kindheit.
Ich habe erkannt, dass Judo mein einziger Ausweg ist.
Einer von Silvas Cousins ist Drogendealer. Über ihn sagt sie: «Durch die Traurigkeit und Gewalt seines Lebens habe ich erkannt, dass Judo mein einziger Ausweg ist.» Nachgeholfen haben auch die Eltern. Als sie bemerkten, dass sich ihre Mädchen negativ entwickelten, verliessen sie das berüchtigte Quartier.
Ein paar Strassen weiter wartet der Erfolg
In der benachbarten Favela stiessen sie auf den ehemaligen Judo-Trainer Geraldo Bernardes, der die Silva-Töchter unter seine Fittiche nahm. Während Raquel mit 15 schwanger wurde, entwickelte sich Rafaela zur Weltklasse-Judoka. Auf den Junioren-Weltmeisttitel von 2008 folgte 2013 der Sieg bei der Heim-WM in Rio.
Mit Olympia-Gold an gleicher Stätte avanciert Silva nun endgültig zum Liebling einer ganzen Nation. Ihr Erfolgsweg aus der Favela in den nur wenige Kilometer entfernten Olympiapark lässt Brasilien jubeln – und ist Balsam für die krisengebeultete Volksseele. Noch scheinen auch hier moderne Märchen möglich zu sein.
Sendebezug: Laufende Olympia-Berichterstattung