Sie wollten alle Rennen gewinnen, jeden einzelnen Lauf. Das war die selbstbewusste Ansage vom stärksten Schweizer Boot mit Mario Gyr, Simon Niepmann, Simon Schürch und Lucas Tramèr vor der Saison 2016. Sie legten mit einem Sieg in Varese beim Weltcup-Auftakt los, verteidigten den EM-Titel bei abenteuerlichen Bedingungen in Brandenburg.
Dann der erste Rückschlag. Wegen eines Rippenbruchs konnte Gyr erst wenige Tage vor der Rotsee-Regatta das Training auf dem Wasser wieder aufnehmen. Die Schweizer unterlagen dem neuseeländischen Boot, hatten dafür aber eine einleuchtende Erklärung.
Nur ja keine Aussenbahn wie in London 2012
So nahm das Selbstvertrauen des erfolgsverwöhnten Quartetts keinerlei Schaden. Die knüppelharte, unmittelbare Olympia-Vorbereitung in Sarnen verlief problemlos. Mit bis zu 3 intensiven Trainingseinheiten pro Tag setzten die «Swissfour» unter der Anleitung von Ian Wright nochmal einen neuen Reiz.
In Rio angekommen tönte die Vorgabe erneut: Jeden einzelnen Lauf gewinnen. Nur ja eine Aussenbahn wie in London 2012 verhindern, auf der damals die Medaillenchance vom Winde verweht wurden.
Der verpatzte Start in den Vorlauf
Vielleicht fühlten sich die Schweizer eine Spur zu sicher. Sie verzichteten darauf, beim Start in ihrem Vorlauf aus der Komfortzone zu gehen. Als «nur» drittschnellstes Boot schafften sie die Halbfinal-Qualifikation weit weniger souverän als vorgenommen.
Gyr/Niepmann/Schürch/Tramèr hatten eine Denkaufgabe bekommen. Im Training waren danach auch schon mal Diskussionen im Boot zu beobachten – etwas was bei ihnen sonst kaum je zu sehen ist.
Die Reaktion und die Rückeroberung der Favoritenrolle
Die Reaktion im Halbfinal am Dienstag war beeindruckend. Nicht einmal die Dänen, die in den Tagen zuvor den stärksten Eindruck hinterlassen hatten, konnten annähernd mithalten. Überzeugend war insbesondere die Startphase, sonst traditionell nicht die Domäne der Schweizer.
Und weil gleichzeitig die gefürchteten Neuseeländer im anderen Halbfinal nur Dritte wurden, finden sich die amtierenden Weltmeister in einer Rolle wieder, die sie so unschweizerisch gerne ausfüllen: in der Favoritenrolle.
Sendebezug: Laufende Olympia-Berichterstattung