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«Ich bereue nichts» – Stepanowa an der EM in Amsterdam (engl.)
Aus Sport-Clip vom 06.07.2016.
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Rio 2016 Stepanowa: Viel riskiert, aber nicht belohnt

800-Meter-Läuferin Julia Stepanowa enthüllte das staatlich gelenkte Doping-System in Russland. Dass die Whistleblowerin nicht in Rio starten darf, erachten viele Experten als problematisch.

Ohne Julia Stepanowa wäre der gemäss der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA «grösste Doping-Skandal aller Zeiten» womöglich nie aufgeflogen. Doch die Kronzeugin darf an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro nicht teilnehmen.

Der Leichtathletik-Weltverband IAAF erteilte Stepanowa sogar eine Starterlaubnis für die Spiele in Rio. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) lehnte ihren Antrag, unter neutraler Flagge laufen zu dürfen, dagegen am Sonntag ab. Sie erfülle nicht «die ethischen Anforderungen an einen olympischen Athleten», heisst es zur Begründung. Der Hintergrund: Die Russin war 2013 wegen Dopings selbst für zwei Jahre gesperrt worden.

Stepanowa bittet um Überprüfung der Sperre

Die Einladung des IOC an Stepanowa und ihren Ehemann Witali, in Rio Gäste des Komitees zu sein, kommt einem Affront gleich. Stepanowa lehnte diese denn auch ab. Gleichzeitig wurde bekannt, dass sie und ihr Mann das IOC baten, den Entscheid über ihre Sperre noch einmal zu überprüfen. In einem Statement bezeichnete die Russin den Entschluss des IOC als «unfair». Die Entscheidung würde auf «falschen und unwahren Aussagen» basieren.

Kollektive Kritik am IOC-Entscheid

Für viele ist die Entscheidung des IOC, zahlreiche russische Athleten für Rio zuzulassen, Stepanowa aber zu brüskieren, eine Bankrotterklärung im Anti-Doping-Kampf:

  • «Die fatale Botschaft: Wer über Doping auspackt, wird bestraft.» (ARD-Experte Hajo Seppelt, der zusammen mit Stepanowa den Skandal im russischen Sport ins Rollen brachte > siehe Video unten)
  • «Die WADA ist sehr besorgt über die Botschaft, die damit für die Zukunft an Whistleblower wie sie gesendet wird.» (Olivier Niggli, Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur)
  • «Hier hat das IOC die Chance verpasst, ein Zeichen zu setzen.» (Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes)
  • «Der Entscheid ist ein grosser Rückschritt für saubere Athletinnen und Athleten wie auch für Whistleblower. Sie werden sich betrogen vorkommen müssen. Es wird nun für eine nationale Anti-Doping-Agentur noch schwieriger werden, eine konsequente und glaubhafte Dopingbekämpfung aufrechtzuerhalten und zu begründen» (Matthias Kamber, oberster Schweizer Doping-Fahnder)

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Seppelt über Stepanowa: «Sie ist sehr enttäuscht»
Aus Sport-Clip vom 25.07.2016.
abspielen. Laufzeit 20 Sekunden.

Stepanowa im Exil in den USA

Das Whistleblower-System wird geschwächt, lautet der Tenor. Dabei sind viele Doping-Fälle nur so aufgedeckt worden. Im Fall des Team Telekoms im Radsport sagte ein Masseur von Jan Ullrich und Co. aus. Der Balco-Skandal in den USA kam ins Rollen, weil ein Leichtathletik-Trainer der amerikanischen Anti-Doping-Agentur ein bis dahin noch nicht nachweisbares Designer-Steroid zukommen liess.

Stepanowa hat einen hohen Preis bezahlt für ihren Mut. Die 30-Jährige musste aus Russland fliehen und lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn längst in den USA. Entschädigt wurde sie nicht.

Sendebezug: Radio SRF 3, info 3, 25.07.2016, 12:00 Uhr

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