Das Tennisjahr 2019 auf der Tour endete für Roger Federer gleich wie das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres: mit einer bitteren Niederlage gegen Stefanos Tsitsipas. Dazwischen standen etliche Höhen, von wenigen Enttäuschungen flankiert. Dass 38 nur eine Zahl ist, die «Next Generation» aufmuckt und die 100 geknackt wurden, sind die Erkenntnisse in der Jahresbilanz des Baselbieters.
Die Highlights: Der Hunderter und die «Stängeli»
2019, es wird als Jahr der Jubiläen für Federer in die Tennis-Geschichtsbücher eingehen. In Dubai schnappte sich der «Maestro» den 100. Turniersieg. In der anderen Wahlheimat, Halle , stemmte Federer bereits zum 10. Mal die Trophäe in die Höhe. Das «Stängeli» machte er auch beim Heimturnier in Basel perfekt.
Mit dem Erfolg und jeder Menge Spass am Hopman Cup lancierte der dort noch 37-Jährige die Saison. Als sportlich grösster Triumph gewann er das ATP-1000-Turnier in Miami. Das «Sunshine-Double» blieb Federer aufgrund einer Final-Niederlage in Indian Wells knapp verwehrt. In Roland Garros wurden die Zuschauer Zeugen eines gelungenen French-Open-Comebacks. Erst Rafael Nadal und orkanartige Böen setzten dem Erfolgslauf im Halbfinal ein Ende.
Die Dämpfer: «Big Points» und neue Widersacher
«Ich hatte meine Chancen, um viel mehr zu erreichen», blickte Federer nach dem Out an den ATP Finals auf das Tennisjahr zurück. SRF-Tennis-Experte Heinz Günthardt analysiert: «Roger war einen Punkt von der perfekten Saison entfernt.» Gemeint ist natürlich der Wimbledon -Final, den er nach 2 vergebenen Matchbällen noch gegen Novak Djokovic verlor.
Eine erste Enttäuschung hatte es an den Australian Open abgesetzt: Alle 12 Breakchancen liess Federer gegen Tsitsipas im Achtelfinal liegen. Da konnte er noch nicht ahnen, dass sich die Geschichte 10 Monate später wiederholen würde. Die US Open endeten mit einer Viertelfinal-Niederlage gegen Grigor Dimitrov unerwartet früh.
dämpfer
Allgemein wurde offenbar, dass auch Erfahrung nicht immun gegen Nervenflattern macht. Probleme bei «Big Points» machten sich aufseiten Federers bemerkbar. Neben Wimbledon verlor er auch in Madrid nach Matchbällen. Es waren die Nummern 23 und 24 (zum Vergleich: Nadal passierte das bislang 8, Djokovic 3 Mal). Eine genutzte Breakchance bei 24 Versuchen in den Duellen gegen Tsitsipas – das spricht Bände.
Der 21-jährige Grieche unterlag Federer neben den beiden Siegen in Basel und Dubai. So entwickelte sich Dominic Thiem zu einem veritablen Angstgegner. Sämtliche 3 Duelle 2019 gegen Federer entschied der Österreicher für sich.
Die Zukunft: Südamerika, French Open, Olympische Spiele
38 Jahre, na und? Auch in Sachen Fitness konnte der «Methusalem» der Tennis-Elite mit allen mithalten, doch die «Next Generation» kommt näher. Federers Agenda 2020 ist ebenfalls schon gut gefüllt. French Open und Olympische Spiele ergänzen die alljährlichen Aufgaben.
Sein Anreiz, zu gewinnen, ist grösser als die Angst, zu verlieren.
Zuvor bestreitet der nimmermüde Federer ab 19. November eine Exhibition-Tour durch Südamerika, im Dezember heisst das Ziel China. Zuviel des Guten? «Man kann ein Turnier nur gewinnen, wenn man dabei ist», stellt sich Günthardt hinter Federers Pläne. Zudem habe man gesehen, dass er auch auf Sand zu den Besten gehöre.
Der Erfolgshunger ist noch nicht gestillt. Gleich nach dem Out in London sprach Federer darüber, 2020 seine Chancenauswertung verbessern zu wollen. Günthardt traut dem 20-fachen Grand-Slam-Sieger auch die Titel Nummer 21 (und folgende) zu. Denn eine Sache ist in all den Jahren unverändert geblieben: «Sein Anreiz, zu gewinnen, ist grösser als die Angst, zu verlieren.»
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 16.11.2019, 14:50 Uhr