Nach einer Stunde und 37 Minuten geht am Montag die 3. Partie auf Platz 2 zu Ende. Dominic Thiem muss verletzungsbedingt aufgeben. Der Profiteur: Marcos Baghdatis, der zu diesem Zeitpunkt bereits mit 2:0 Sätzen führt.
Vom eigenen Körper im Stich gelassen zu werden – es ist ein Gefühl, das der Zypriote nur zu gut kennt. Immer wieder wurde der 33-Jährige in den letzten Jahren von Verletzungen gestoppt, die Krankenakte schmerzt nur schon beim Durchlesen. «Ich habe unzählige körperliche Baustellen, um die ich mich täglich kümmern muss», erzählt Baghdatis im Gespräch.
Die Erinnerung an gute, alte Zeiten
Er möchte dies aber keinesfalls als Jammern verstanden haben. In den Worten Baghdatis schwingt auch Hoffnung mit. Hoffnung, noch einmal dort hinzukommen, wo er bereits einmal war. 2006 stürmte der charismatische Zypriote im Eiltempo die Weltrangliste hoch – und direkt in die Herzen der Zuschauer.
- Er erreichte 2006 bei den Australian Open den Final, wo er erst an Roger Federer scheiterte.
- Mit Platz 8 realisierte er seine beste Klassierung.
- Insgesamt gewann Baghdatis 8 Titel, der letzte liegt aber bereits 8 Jahre zurück.
- 2010 schlug er Federer und Nadal, als sie jeweils die Nummer 1 waren.
Von solchen Erfolgen scheint Baghdatis derzeit weit entfernt. Und auch sonst hat sich viel verändert. Der Rossschwanz, sein einstiges Markenzeichen, ist einer Art «Pilzfrisur» gewichen. War er früher einer Party nicht abgeneigt, so gilt sein Fokus mittlerweile einzig und allein der Familie.
Ganz ehrlich: Es ist meine Familie, die mich noch antreibt.
Die beiden Töchter Zahara (5) und India (2) sind sein ganzer Stolz. «Ganz ehrlich: Sie sind es, die mich noch antreiben.» Ehefrau Karolina Sprem, die ehemalige Nummer 17 der Welt, hält ihm den Rücken frei. Wenn immer möglich, begleitet ihn die Familie. «Meine Töchter haben die Möglichkeit, neue Länder und Kulturen kennenzulernen. Es sind Erfahrungen, die ihnen später im Leben hoffentlich helfen werden», findet Baghdatis einen edukativen Ansatz.
Wie lange macht der Körper noch mit?
Wie lange er das anstrengende Tourleben noch mitmachen will, weiss die aktuelle Nummer 95 der Welt nicht. Es ist sein Körper, der darüber entscheidet.
Baghdatis zieht deshalb gar in Erwägung, nach den US Open eine mehrmonatige Pause einzulegen. Er möchte die Voraussetzungen schaffen, um im nächsten Jahr noch einmal richtig angreifen zu können. Das würde neben der Familie auch seine Fans freuen. Der Absturz in der Weltrangliste hat seiner Popularität keinen Abbruch getan – ganz im Gegenteil.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 4.7.18, 15 Uhr