Man hätte Barbara Schett durchaus für eine aktive Spielerin halten können, als sie auf dem Weg zu ihrem Doppel-Match im Legenden-Turnier für ein Interview Halt macht. Die 42-Jährige ist nach wie vor topfit und sprüht geradezu vor Enthusiasmus.
SRF Sport: Auch wenn alle Viertelfinalistinnen über ein gewisses Renommee verfügen, haben wir bei den Frauen ein turbulentes Turnier erlebt. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?
Barbara Schett: Es war natürlich auch für mich eine Überraschung, dass keine Top-10-Spielerin den Sprung unter die letzten Vier geschafft hat. Das hat es in Wimbledon glaube ich noch gar nie gegeben. Man muss aber auch sagen: Serena Williams und Angelique Kerber gehören nach wie vor zu den besten Spielerinnen der Welt.
Mehrere Spielerinnen kommen momentan für einen grossen Titel in Frage.
Worauf führen Sie den aktuellen Turnierverlauf zurück?
Es gibt mittlerweile eine grosse Dichte im Frauentennis. Während Serena Williams' Absenz hat es niemanden gegeben, der das Geschehen dominieren konnte. Mehrere Spielerinnen kommen momentan für einen grossen Titel in Frage. Ich finde aber nicht, dass das etwas Negatives ist.
Haben Sie nicht den Eindruck, dass die packenden Rivalitäten momentan fehlen?
Ja, das stimmt schon. Es ist vielmehr ein Kräftemessen zwischen 10 bis 15 Spielerinnen. Eine Rivalität kann für eine Karriere extrem förderlich sein. Wir haben das bei Federer und Nadal gesehen, die sich gegenseitig immer wieder zu neuen Höhen gepusht haben. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Mir hat es immer geholfen, wenn ich etwas Druck, gerade von Spielerinnen aus dem eigenen Land, verspürt habe. Ich habe dann noch länger und härter trainiert.
Ich hätte ein Baby nicht mit meiner Karriere vereinbaren können.
Sie haben vorhin Serena Williams angesprochen, die nach ihrer Babypause auf dem Weg zurück ist. Wie schwierig ist es, nach der Geburt wieder auf die Tour zurückzukehren?
Es ist meiner Meinung nach ein riesiger Unterschied, ob man das Kind mit Mitte 20 oder Mitte 30 bekommt. Kim Clijsters beispielsweise ist früh Mutter geworden und hat den Anschluss problemlos wieder geschafft. Je älter man wird, desto schwieriger wird es. Die psychische Komponente wiegt für mich aber viel schwerer: Es muss unglaublich tough sein, nach einer solchen Pause wieder den nötigen Biss zu entwickeln.
Sie selbst haben einen 9-jährigen Sohn. Hätten Sie sich vorstellen können, als tennisspielende Mutter um die Welt zu reisen?
Nein, für mich wäre das unvorstellbar gewesen. Ich hätte das nicht mit meiner Karriere vereinbaren können. Ich entscheide mich nicht für ein Kind, um es dann einem Babysitter zu übergeben. Hinzu kommt, dass sich die Werte und die Prioritäten ändern. Wenn man das eigene Fleisch und Blut in den Händen hält, wird alles andere zweitrangig. Ich selbst hätte den nötigen Willen nicht mehr aufbringen können. Es ist deshalb umso beeindruckender, wie Serena Williams das alles managt.
Es dürfte wohl auch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten sein.
Genau das ist der Punkt. Serena kann sich das natürlich leisten. Eine tiefer klassierte Spielerin hat nicht die Finanzen dazu. Da bist du oft von der Familie getrennt, es ist ein ständiges Hin und Her. Aber das ist nur meine Meinung, da gibt es natürlich verschieden Ansichten.
Unternimmt die WTA genügend, um den Müttern das Leben auf der Tour zu vereinfachen?
Dadurch dass es immer mehr Mütter gibt, machen sie sich schon Gedanken. Die Debatte, ob Spielerinnen nach der Babypause ein spezielles Ranking erhalten sollen, geht zum Beispiel in diese Richtung.
Ich bin schon ein wenig stolz darauf, wie ich den Übergang von meiner Karriere als Spielerin zur «Karriere danach» gemeistert habe.
Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Ich überlege immer noch hin und her, ob ich es gut finden soll oder nicht. Wenn man schwanger wird, dann macht man das ja freiwillig – jedenfalls meistens (lacht). Wenn man verletzt ist, kann man grundsätzlich nichts dafür. Ich bin unschlüssig, ob man das gleichstellen soll. Ich bin aber überzeugt, dass es seitens der WTA zu Regeländerungen kommen wird.
Sie sind dem Tennissport auch nach ihrer aktiven Karriere erhalten geblieben, sind unter anderem als Moderatorin bei Eurosport im Einsatz. Sind Sie rundum zufrieden?
Es war für mich extrem wichtig, mit dem Tennis verbunden zu bleiben. Es ist meine grosse Liebe und hat mir viele Türen geöffnet. Ich habe so auch meinen Mann kennengelernt. Tennis ist in unserer Familie sehr wichtig. Mein Mann coacht derzeit Sam Stosur und ist auch viel unterwegs. Unser Sohn spielt ebenfalls Tennis. Wenn ich ehrlich sein darf: Ich bin schon ein wenig stolz darauf, wie ich den Übergang von meiner Karriere als Spielerin zur «Karriere danach» gemeistert habe.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 10.7.18, 14:00 Uhr