Es ist eine, wenn nicht DIE Geschichte schlechthin des bisherigen Wimbledon-Turniers: Der Brite Oliver Target erhält von den Organisatoren eine Wildcard für die Qualifikation und nutzt diese prompt, um durchzustarten.
Nicht nur meistert die Weltnummer 733 die drei Quali-Hürden. Im Hauptfeld lässt der 21-Jährige in der 1. Runde dem einzigen Schweizer im Männer-Tableau, Leandro Riedi (ATP 503), keine Chance und siegt glatt in drei Sätzen.
7917 statt 108'000 Franken Gewinn
Für das Erreichen der 2. Runde erspielte sich Tarvet bereits ein Preisgeld von 99'000 Pfund (ca. 108'000 Schweizer Franken). Ein regelrechter Geldsegen für aufstrebende Talente, die sich als Profi behaupten wollen. Beim Briten hat das Wimbledon-Märchen jedoch einen finanziellen Haken. Tarvet darf – unabhängig von seiner sportlichen Leistung – nur maximal 7916 Franken Preisgeld annehmen.
Grund ist sein Status als College-Spieler. Tarvet studiert an der US-Universität in San Diego. Gemäss Statuten der NCAA ist es nicht erlaubt, mehr als 10'000 US-Dollar (7916 Franken) zu verdienen. Die NCAA ist eine gemeinnützige und damit von der Steuerpflicht befreite Non-Profit-Organisation, über die viele Colleges und Universitäten der Vereinigten Staaten ihre Sportprogramme organisieren.
Duell mit Alcaraz als «Trost»
So bittersüss die ganze Geschichte ist, Tarvet nimmt es mit Humor. Irgendwie würde er es schon hinkriegen, an das ganze Geld zu kommen. Schliesslich dürfe nur der Reingewinn die Marke von 10'000 US-Dollar nicht übersteigen. Er könne aber einfach seine Ausgaben erhöhen: «Ich werde meine Trainer einfach etwas besser bezahlen. Zum Beispiel in der Business Class oder mit einem Privatjet fliegen», witzelt Tarvet. Und fügt sogleich an: «Natürlich nicht, ich bleibe bescheiden.»
Finanziell hat der britische College-Student in Wimbledon das Maximum schon herausgeholt. Sportlich aber ist sein Weg an der Church Road noch nicht zu Ende. Fast schon als «Trost» dafür, dass er einen Grossteil seines gewonnenen Preisgelds nicht einheimsen kann, kommt Tarvet am Mittwoch in der 2. Runde in den Genuss eines Duells mit Carlos Alcaraz – natürlich auf dem Centre Court.