Auch mit 38 Jahren verblüfft Stan Wawrinka immer wieder aufs Neue. Am Donnerstag begeisterte der Waadtländer die New Yorker Tennisfans in der brütenden Nachmittagshitze mit einem 4-Satz-Sieg gegen den als Nummer 30 gesetzten Tomas Martin Etcheverry. Am Ende war es der 14 Jahre jüngere Argentinier, der nachliess. Der ungesetzte Veteran war stärker, ausdauernder und siegeshungriger.
«Ich habe gesehen, dass Etcheverry physisch am Leiden war», stellte Wawrinka nach dem Sieg zufrieden fest. Und mit einem Schmunzeln: «Ich bin natürlich alt, aber ich fühle mich gut. Es ist schön, zu sehen, wenn die Jungen vor mir müde werden. Dahinter steckt aber auch viel Arbeit.»
Er ist mental sehr stark und gehört zu den besten Rückhand-Spielern der ganzen Tour. Für mich ist er eine Legende.
Ist er sogar wieder so gut wie 2016, als er an den US Open im Final gegen Novak Djokovic triumphierte? «Ich kann und will das nicht vergleichen», sagt er. Klar ist, dass vieles eine Frage des Selbstvertrauens ist. Dieses steigt mit jedem Sieg weiter, wird nun aber auf eine harte Probe gestellt.
Zweimal in den Arsch getreten
Jannik Sinner ist der einzige Spieler, dem gemeinhin zugetraut wird, ein erneutes Finalduell zwischen Djokovic und Carlos Alcaraz zu verhindern. Die Nummer 6 der Welt aus dem Südtirol gewann vor drei Wochen in Toronto erstmals ein ATP-1000-Turnier und gab in seinen ersten 2 Partien an den US Open in 6 Sätzen nur 15 Games ab. «Das wird nicht nur physisch, sondern auch einfach vom Tennisniveau her eine gewaltige Herausforderung», ist sich Wawrinka bewusst.
In diesem Jahr trafen die beiden schon zweimal aufeinander. In Rotterdam gewann Sinner 6:1, 6:3, in Indian Wells 6:1, 6:4. «Er hat mich zweimal in den Arsch getreten», erinnert sich der Schweizer. Aber: «Ich spiele deutlich besser als damals.» Die mittelschnellen Bedingungen in New York mit der relativ hohen Luftfeuchtigkeit passen beiden Spielern.
Wawrinka für Sinner «eine Legende»
Sinner seinerseits ist trotz der Siege immer noch beeindruckt von Wawrinka: «Er ist mental sehr stark und hat einen der besten Rückhand-Schläge der ganzen Tour. Für mich ist er eine Legende.»
Im letzten Jahr lieferte der 22-jährige Italiener dem späteren Sieger Alcaraz im Viertelfinal einen grandiosen Kampf auf allerhöchstem Niveau und verlor nach über 5 Stunden und eigenem Matchball. Die Zukunft gehört auf jeden Fall Sinner, in der Gegenwart möchte Wawrinka nur zu gerne derjenige sein, der diese Zukunft noch etwas hinausschiebt.