Dass Martina Trevisan heute da steht, wo sie steht, ist nicht selbstverständlich. Die 28-jährige Italienerin hat sich an den French Open in die Halbfinals vorgekämpft und steht erstmals in ihrer Karriere unter den besten 4 eines Grand-Slam-Turniers. Vor erst gerade zwei Wochen hatte die Nummer 59 der Weltrangliste in Rabat ihren allerersten Turniersieg gefeiert, nun liess sie in Roland Garros diese Meisterleistung folgen. Trevisan befindet sich in der Form ihres Lebens.
30 Gramm Müsli und ein Stück Obst am Abend. Das genügte, um mich einen Tag auf den Beinen zu halten.
Dass die Italienerin dies geschafft hat, ist bewundernswert. Denn nach einem vielversprechenden Karrierebeginn mit beeindruckenden Resultaten bei den Juniorinnen hatte sie mit ihrer Gesundheit zu kämpfen.
«30 Gramm Müsli und ein Stück Obst am Abend. Das genügte, um mich einen Tag auf den Beinen zu halten», schrieb Trevisan 2020 in einem Blog auf The Owl Post . Darin erzählte sie erstmals, dass sie jahrelang an Magersucht gelitten hatte. «Bei meinem Vater wurde eine degenerative Krankheit diagnostiziert, er war immer weniger präsent in meinem Leben», schreibt die heute 28-Jährige, «ich habe meinen muskulösen Körper gehasst und habe mir Diäten vorgeschrieben, die kaum einzuhalten waren.»
Vierjährige Pause eingelegt
2010 legte sie deshalb eine Pause vom Tennis ein. 4 Jahre lang nahm sie Abstand vom Profisport und konnte sich von ihrer Erkrankung erholen. Langsam, aber sicher fand sie dann den Weg zurück auf den Court.
Trevisan holte diverse Titel auf ITF-Stufe, ehe sie 2020 – ebenfalls in Roland Garros – mit einem Viertelfinal-Einzug erstmals wieder für grössere Aufmerksamkeit sorgte. Nun, zwei Jahre später, kann sie das sogar noch toppen. «Meine Vergangenheit ist Vergangenheit. Sie half mir, das zu sein, was ich heute bin», sagte sie nach dem Viertelfinal-Sieg gegen die Kanadierin Leylah Fernandez (WTA 18), die zuvor Belinda Bencic geschlagen hatte . «Ich bin glücklich auf dem Court. Ich mache das, was ich liebe.»
Die letzte Hürde auf dem Weg in ihren ersten Grand-Slam-Final heisst Coco Gauff (WTA 23). Für die zehn Jahre jüngere US-Amerikanerin wird es ebenfalls der erste Halbfinal auf Major-Stufe sein. Die beiden Athletinnen sind sich zuvor auf der Tour erst einmal begegnet: 2020 in Paris in der Runde der besten 64, als Trevisan erst das Jung-Talent schlug und dann sich bis in den Viertelfinal spielte.