Vor etwas mehr als einem Monat erlebte Ons Jabeur (WTA 2) in Paris eine der grössten Enttäuschungen ihrer Karriere, als sie an den French Open bereits in der 1. Runde an Magda Linette (WTA 65) scheiterte. Nach ihrem ersten WTA-1000-Titel in Madrid und der Final-Teilnahme in Rom war die Tunesierin als Mitfavoritin auf den Titel in das Grand-Slam-Turnier auf Sand gestartet.
Wechsel auf Rasen gelang vorzüglich
Statt mit ihrem Schicksal zu hadern, tauschte Jabeur nach ihrem Erstrunden-Out bei Roland Garros die Sandplatz-Schuhe gegen jene für den Rasen aus und startete die Vorbereitung auf Wimbledon. Den nötigen Schwung für das Rasen-Highlight holte sich die 27-Jährige beim Turnier in Berlin, welches sie gewann. An den Final dürften sich die Schweizer Tennis-Fans noch erinnern, stand Jabeur doch Belinda Bencic gegenüber. Nach einem Misstritt zum Ende des 1. Satzes hatte die Schweizerin beim Stand von 3:6, 1:2 verletzungsbedingt das Handtuch geworfen.
Geblieben ist vor allem auch die Szene, als Jabeur ihrer bitter enttäuschten Gegnerin unmittelbar nach deren Aufgabe eine Eisbox bereitstellte, damit Bencic ihren lädierten Fuss schnellstmöglich kühlen konnte. Eine Szene, die bestens erklärt, weshalb Jabeur zu den beliebtesten Spielerinnen auf der WTA-Tour gehört.
Mittlerweile ist sie nicht mehr nur beliebt, sondern auch sehr erfolgreich. In diesem Jahr war bisher einzig Überfliegerin Iga Swiatek noch besser unterwegs als Jabeur. Mit dem Halbfinal-Einzug in Wimbledon schaffte die Weltnummer 2 Historisches: Nie zuvor hatte es eine Spielerin oder ein Spieler aus dem arabischen Raum oder aus Nordafrika an einem Grand-Slam-Turnier in die Runde der letzten 4 geschafft.
Wir werden unsere Freundschaft für die Dauer des Matches pausieren und sie nach dem letzten Ballwechsel wieder zelebrieren.
Ein Meilenstein, auf den Jabeur sehr stolz ist, vor allem weil sie in ihrer Heimat damit etwas auslöst: «Es bedeutet mir sehr viel, dass ich durch meine Erfolge zuhause Inspiration fürs Tennis schaffen kann. Ich hoffe, dass wir bald mehr tunesische Spieler auf der Tour sehen», so die 27-Jährige.
Im Halbfinal gegen gute Freundin
Ihre Reise im «All England Club» soll im Halbfinal aber noch nicht zu Ende gehen. Auf dem Papier ist Jabeur nun die Favoritin auf den Titel. Die anderen 3 Halbfinalistinnen liegen im Ranking alle ausserhalb der Top 15. Tatjana Maria, ihre nächste Gegnerin, liegt sogar ausserhalb der Top 100. Die Überraschungsfrau aus Deutschland zu unterschätzen würde Jabeur allerdings nie in den Sinn kommen, dafür ist die Tunesierin zu geerdet.
Jabeur verbindet eine spezielle Freundschaft mit der zweifachen Mutter Maria. Entsprechend werde es emotional eine schwierige Partie. «Wir werden unsere Freundschaft für die Dauer des Matches pausieren und sie nach dem letzten Ballwechsel wieder zelebrieren», so Jabeur. Die Favoritin hat auch schon einen nicht ganz ernstgemeinten Plan, wie sie an die gewünschte Unterstützung gelangen kann: «Ich werde versuchen, ihre Kinder dazu zu bringen, mich statt ihre Mutter anzufeuern.»