Es ist Ende September 2022, als Tomas Etcheverry beim ATP-250-Turnier in Tel Aviv in der 1. Runde Aslan Karazew (RUS) bezwingt. Zu diesem Zeitpunkt ist es einer der grössten Siege des Argentiniers, der in der Weltrangliste nur knapp in den Top 100 figuriert. Die Freude darüber hält sich aber in Grenzen.
Ich bitte meine Schwester um Kraft und sie gibt sie mir.
Unmittelbar nach dem Exploit erzählt der 23-Jährige vom Tod seiner 9 Jahre älteren Schwester. Die tapfere Magui Etcheverry hatte wenige Tage zuvor den Kampf gegen den Brustkrebs verloren. «Es ist unglaublich speziell, diesen Sieg meiner Schwester zu widmen, die uns vor ein paar Tagen für immer verlassen hat», so der gerührte Etcheverry.
Auf der Überholspur
Der schwere Schicksalsschlag hat Etcheverry sportlich nicht aus der Bahn geworfen. Im Gegenteil: In der Weltrangliste arbeitete sich der Fast-2-Meter-Mann aus La Plata kontinuierlich nach oben. An die French Open reiste Etcheverry als Weltnummer 49.
Nach dem Sand-Major an der Porte d'Auteuil wird der 23-Jährige einen weiteren grossen Satz in Richtung Top 25 machen, je nach weiterem Turnierverlauf liegt sogar noch mehr drin. Vor dem Viertelfinal-Duell mit Alexander Zverev am Mittwoch liegt Etcheverry im Live-Ranking auf Position 31.
In schwierigen Momenten kommt Hilfe von oben
Trotz seines sportlichen Aufstiegs in den vergangenen Monaten ist der Viertelfinal-Vorstoss bei Roland Garros eine riesige Überraschung. Etcheverry ist in Paris erst zum 5. Mal überhaupt im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers dabei. Sein bisheriges Bestresultat war das Erreichen der 2. Runde an den Australian Open im Frühjahr 2023.
Auf dem Weg in den Paris-Viertelfinal schaltete der Rechtshänder mit Alex de Minaur (ATP 19) und Borna Coric (ATP 16) gleich zwei Top-20-Spieler aus. Was aber noch eindrücklicher ist: Etcheverry gab bisher keinen einzigen Satz ab, dreimal musste er ein Tiebreak bestreiten. Sein Erfolgsrezept: «Ich bitte meine Schwester um Kraft und sie gibt sie mir. Heute habe ich in einem wichtigen Moment vor meinem Aufschlag gesagt: ‹Magui, bitte hilf mir, und ich habe ein Ass geschlagen›», erzählte Etcheverry am Montag nach seinem Achtelfinal-Erfolg über Yoshihito Nishioka.
Auch am Mittwoch gegen den bisher stark aufspielenden Zverev wird der argentinische Überraschungsmann viele schwierige Momente erleben. Klar ist aber schon jetzt: Alleine wird er diese nicht bewältigen müssen. Seine Schwester Magui wird ihm vom Himmel aus beistehen.