Im «Big Apple» erlebt Dominic Stricker gerade die aufregendsten Wochen seiner noch jungen Profi-Karriere. Völlig überraschend steht der 21-Jährige in New York – bei seiner erst 3. Teilnahme im Hauptfeld eines Grand-Sam-Turniers – in der Runde der letzten 16.
Bei der ganzen Euphorie rund um die jüngsten Erfolge des Berners geht beinahe vergessen, dass Stricker in der US-Open-Qualifikation in der 2. Runde einen Matchball gegen sich hatte. Umso eindrücklicher und schöner ist das Märchen, welches der Schweizer dieser Tage schreibt.
Grösster US-Trumpf als Gegner
Stricker ist fest entschlossen, dieses Märchen mit einem weiteren Kapitel zu bereichern. Um dies zu schaffen, muss er sich – zumindest vorübergehend – beim New Yorker Publikum unbeliebt machen. Mit Taylor Fritz steht dem Schweizer im Achtelfinal, der am Sonntag kaum vor Mitternacht Schweizer Zeit beginnt, ein US-Amerikaner gegenüber. Und zwar nicht irgendeiner, sondern der aktuell stärkste.
Fritz belegt im ATP-Ranking Platz 9, auf den Schultern des Kaliforniers lastet der grösste Druck der grössten Tennis-Nation, welche seit 20 Jahren (!) auf einen Grand-Slam-Triumph bei den Männern wartet. Der bisher letzte US-amerikanische Major-Sieger war Andy Roddick, der 2003 an den US Open triumphierte.
Stricker schon länger auf dem Radar der Experten
Gemäss dem Journalisten Matthew Futterman von der New York Times hat es sich Fritz zur persönlichen Mission gemacht, diese Durststrecke baldmöglichst zu beenden. «Er hat ungemein viel Druck, den er sich grösstenteils selbst macht. Sein Verlangen, bei einem Grand-Slam-Turnier möglichst weit zu kommen, ist riesig, er will es unbedingt», so Futterman.
Der Tennis-Fachmann der NY Times erwartet ein sehr hartes Spiel, bei dem Stricker «absolut nichts zu verlieren hat». In den USA habe man sich in diesem Jahr nur langsam mit dem Namen Stricker vertraut gemacht. Allerdings sei der Durchbruch des 21-Jährigen gar keine so grosse Überraschung, denn Tennis-Experten und -Kommentatoren würden schon länger voraussagen, dass Stricker alle Schläge beherrsche, um Grosses zu erreichen, erzählt Futterman.
Publikumsliebling? Nicht gegen Fritz
Dies hat Stricker in «Flushing Meadows» dann auch eindrücklich unter Beweis gestellt. Nach der erfolgreichen Qualifikation besiegte der Berner im Hauptfeld der Reihe nach Alexei Popyrin (ATP 41), Stefanos Tsitsipas (ATP 7) und zuletzt Benjamin Bonzi (ATP 108). In sämtlichen Partien brachte er die Zuschauerinnen und Zuschauer dank seiner attraktiven Spielweise im Verlauf der Partie hinter sich. Im Achtelfinal gegen Fritz dürfte dies erstmals nicht so sein.
Für gewöhnlich steht das US-Publikum voll hinter seinen Schützlingen. Auf der ohnehin schon lauten US-Open-Anlage wird es noch lauter und chaotischer werden. Es wird interessant sein zu beobachten, wie Stricker mit diesen Rahmenbedingungen, die für ihn Neuland bedeuten, umgehen wird. Eine mit Sicherheit weitere wichtige Erfahrung, die sich der 21-jährige Schweizer redlich verdient hat.