Hadernd, fluchend, unzufrieden – so erlebt der Tennisfan Andy Murray im Normalfall. Trotz unbestrittener spielerischer Klasse ist es nicht immer ein Vergnügen, einem Match des Schotten beizuwohnen.
Andy hat einen trockenen, schottischen Humor, den die Leute oft nicht verstehen.
Auch abseits des Platzes hatte Murray lange kein Vorzeige-Image. Es fehlte ihm das Charisma eines Roger Federer, die Eloquenz eines Novak Djokovic. Das zerknirschte Auftreten gepaart mit seiner monotonen, tiefen Stimme liess den einen oder anderen schnell zum Schluss kommen: Andy Murray? Langweilig!
Dabei ist Andy Murray alles – nur nicht langweilig. «Andy hat einen trockenen, schottischen Humor, den die Leute oft nicht verstehen. Wer ihn versteht, merkt schnell, dass er extrem lustig ist», erklärte Mutter Judy jüngst in einem Podcast von Racquet Magazine .
Murray öffnet sich immer mehr
Die lange Verletzungspause hat bei Murray Spuren hinterlassen. Es machte zuletzt fast den Anschein, als möchte er allen beweisen, dass er zum Lachen nicht in den Keller geht.
Auf seinen Social-Media-Kanälen bot der 31-Jährige jüngst Unterhaltung pur. Er zeigte sich mit einer Quietscheente im Bad, machte sich über seine eigene Frisur lustig und beantwortete User-Fragen. So gab er zu Protokoll, dass er, wenn er schwul wäre, wohl Feliciano Lopez daten würde: «Er sieht gut aus und ich könnte ihm etwas über Fussball beibringen.»
Murray stellt sich quer
Diese lockere Seite kommt gut an. Doch Murray nimmt auch immer wieder zu politischen Themen Stellung. Nachdem er von einem US-Vergnügungspark gezwungen wurde, ein Achterbahn-Video mit Nick Kyrgios zu entfernen, kommentierte er: «Sturmgewehr ok, Handys auf Achterbahnen nicht – klingt logisch.» Er liess den Clip stehen.
Auch in Sachen Emotionen hält Murray nicht zurück. In Washington schluchzte er nach gewonnenem Achtelfinal um 3 Uhr morgens hemmungslos ins Handtuch. So tief lassen Tennisprofis selten blicken.
Ich hatte keine Ahnung, dass ich so schlecht war, bis ich den Kommentatoren zugehört habe.
In New York bestreitet er nun sein erstes Grand-Slam-Turnier seit Wimbledon 2017. Quasi als «Vorbereitung» schaute er sich noch einmal Szenen von seinem Triumph 2012 an. An den Kommentatoren liess er dabei kein gutes Haar: «Ich hatte keine Ahnung, dass ich so schlecht war, bis ich den Kommentatoren zugehört habe.»
Sendebezug: SRF zwei, sportpanorama, 26.8.18, 18:30 Uhr