Die These, dass kein männlicher Spieler an den Australian Open für so viel Furore gesorgt hat wie Novak Djokovic, ist nicht gewagt. Der Serbe ist mit 9 Titeln Rekordhalter. In Melbourne gewann er 2008 zum ersten Mal ein Grand-Slam-Turnier. 20 weitere sind bisher dazugekommen.
Doch die starke sportliche Bilanz wurde im letzten Jahr von den Turbulenzen um seinen Impfstatus arg in den Hintergrund gerückt. Djokovic erhielt zuerst eine Ausnahmegenehmigung des Turniers, obwohl er sich nicht gegen Covid-19 hatte impfen lassen. Die australischen Einreisebehörden legten jedoch ihr Veto ein und annullierten das Visum des Tennis-Stars.
Beinahe endlose Saga
Es folgten in den nächsten knapp zwei Wochen: ein Aufenthalt Djokovics in einem Abschiebehotel, ein kollektiver Aufschrei von Fans und Familie in Serbien, zahlreiche Wortmeldungen anderer Spieler, juristische Auseinandersetzungen und schliesslich der endgültige Entscheid: Djokovic musste das Land einen Tag vor Beginn des Turniers verlassen und wurde noch dazu mit einer dreijährigen Einreisesperre belegt.
Aufgehoben wurde diese im November durch den neuen australischen Immigrationsminister Andrew Giles, der Djokovic mit einem Visum ausstattete. Der Grund: Die Covid-Bestimmungen in Australien sind wie fast überall auf der Welt mittlerweile drastisch angepasst worden. Es braucht für die Einreise längst keinen Impfnachweis mehr.
Auch mit positivem Test spielberechtigt
Bedenkt man, wie auch die Australian Open ihre Corona-Politik auf die Austragung 2023 hin ändern, mutet das, was vor einem Jahr war, fast melodramatisch an. Spieler dürfen nun auch mit Covid antreten – sofern sie sich körperlich fit genug fühlen, ihre Matches zu bestreiten.
Es sei nicht mehr nötig, den Veranstaltern des ersten Grand-Slam-Turniers des Jahres einen positiven Corona-Test zu melden, sagte Turnierchef Craig Tiley gegenüber der Zeitung The Age .
Tiley verfügte ausserdem eine besondere Massnahme für die Ausgabe 2023: Fans, welche Djokovic ausbuhen würden, könnten der Anlage verwiesen werden, so die Warnung.
Bereit für ganz Grosses
In Adelaide, wo Djokovic ein gut besetztes Vorbereitungsturnier gewann, reagierte auch das australische Publikum nicht ablehnend auf die Nummer 5 der Welt. Gleiches galt für ein Showmatch gegen Nick Kyrgios am Freitag. Die Tickets für die Partie waren innert kurzer Zeit vergriffen.
Vor Jahresfrist war Djokovic für viele Australier noch ein rotes Tuch gewesen – vorgeworfen wurde ihm, er würde seinen Status als Profisportler für eine Extrawurst in Sachen Corona ausnützen.
Absoluter Favorit – wenn der Oberschenkel mitmacht
Die Gunst der Fans noch etwas mehr zurückgewinnen würde Djokovic wohl mit seinem 10. Triumph im Melbourne Park. Mit 22 Grand-Slam-Titeln wäre er dann neu zusammen mit Rafael Nadal Rekordträger.
Hinter seiner aktuellen Gesundheit steht allerdings ein Fragezeichen: Am Mittwoch brach der Serbe ein Trainingsspiel gegen Daniil Medwedew wegen Schmerzen am linken Oberschenkel ab. «Mit dem hatte ich schon letzte Woche in Adelaide Probleme», meinte Djokovic.
Die Hoffnung bleibt, dass es sich nur um eine Vorsichtsmassnahme des 35-Jährigen handelte. Seine Form würde nämlich passen: Seit seinem Wimbledon-Sieg im letzten Sommer gewann er weitere 4 Turniere und verlor lediglich 2 Partien. Am Dienstag startet er gegen Roberto Carballes Baena (ATP 75) ins Turnier.