Seit Anfang Jahr läuft im Männer-Tennis eine dreijährige Testphase des Projekts «Baseline», das von der ATP ins Leben gerufen worden ist (s. Box unten). Dabei geht es darum, dass die Spieler in den Top 250 der Weltrangliste mehr finanzielle Sicherheit kriegen.
Die ATP ist also bemüht, den Spielern unter die Arme zu greifen. Doch das Projekt stösst nicht nur auf positive Kritik. Marc-Andrea Hülser hat als Nummer 172 der Welt in diesem Jahr schon über 160'000 Dollar an Preisgeld eingespielt. Er erhält also keine Unterstützung.
Man sollte die Initiative auf die Top 500 der Welt ausweiten. Es ist ja eigentlich verrückt, dass jemand unter den besten 500 der Welt nicht vom Tennis leben kann.
Rémy Bertola spielte knapp 40'000 Dollar ein. Weil er auf Platz 287 des Rankings ist, profitiert aber auch er nicht vom Projekt. «Man sollte die Initiative auf die Top 500 der Welt ausweiten. Es ist ja eigentlich verrückt, dass jemand unter den besten 500 der Welt nicht vom Tennis leben kann», sagte Bertola.
Auch Hüsler kann sich nicht richtig damit anfreunden: «Ich finde, dass der Zustupf für die Spieler ausserhalb der Top 100 mager ist. Spielt man ein bisschen, wird man den Betrag sowieso erreichen. Vor allem ist nicht eingerechnet, was noch alles abgezogen wird.»
Welche Kosten in einem Tennis-Jahr auf einen «Durchschnitts-Spieler» zukommen, rechnet SRF-Experte Michel Kratochvil vor:
- Training in der Homebase: 30'000 Franken pro Jahr
- Leben ausserhalb vom Tennis (Wohnung, Essen, Versicherungen etc.): 50'000 Franken
- Coach-Gehalt auf der Tour während ca. 20 Wochen: 50'000 Franken
- Reisekosten Spieler & Coach: 90'000 Franken
Ein Spieler muss also ungefähr mit Kosten in der Höhe von 220'000 Franken rechnen, um auf der Tour spielen zu können. Hinzu kommt, dass vom Preisgeld ein Drittel oder mehr aufgrund der Steuern abgezogen werden muss.
Es gibt aber Sachen, die in den nächsten Jahren optimiert werden müssen. Momentan profitieren vor allem die verletzten Spieler. Es ist sicher nicht das beste Programm, dass die ATP je gemacht hat.
Für Alessandro Greco, Leiter Spitzensport bei Swiss Tennis, hat das Projekt «Baseline» noch Potenzial nach oben. «Die Bestrebungen der ATP, den Spielern unter die Arme greifen zu wollen, sind sicher sehr positiv. Es gibt aber Sachen, die in den nächsten Jahren optimiert werden müssen. Das Geld muss an jene Spieler fliessen, die es brauchen. Momentan profitieren vor allem die verletzten Spieler. Es ist sicher nicht das beste Programm, das die ATP je gemacht hat.»
Die Realität im Tennis ist, dass 99,9 Prozent der Spieler ein knappes Budget haben und jeden Franken zweimal umdrehen müssen.
Die hohen Preisgeld-Einnahmen täuschen darüber hinweg, was für den Spieler am Ende wirklich übrigbleibt. Fakt ist, dass die meisten Spieler auf der Tour auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind.
Nur die absoluten Topspieler müssen sich dank Preisgeld- und Sponsoren-Einnahmen keine Sorgen machen und verdienen Millionen. «Aber das ist nicht die Realität im Tennis. Die Realität ist, dass 99,9 Prozent der Spieler ein knappes Budget haben und jeden Franken zweimal umdrehen müssen», stellt Greco klar.