«Mein Handy ist voller Nachrichten. Ich hatte erst Zeit, um meine Eltern anzurufen», sagt die Nidwaldnerin nach dem Gewinn von Olympia-Bronze im Schiessen (10 m Luftgewehr). Aufgrund der Covid-Lage kann Christen ihre Medaille nicht standesgemäss feiern, was sie bedauert: «Es ist schade, dass es kein House of Switzerland gibt. Aber ich freue mich aufs Village und die Heimkehr.» Im heimischen Wolfenschiessen werden die Feierlichkeiten wohl grösser sein als in Tokio.
Manchmal lasse ich die Fensterscheibe meines Autos runter und schreie.
Sind bei der Medaillenzeremonie die Tränen geflossen? «Auf dem Podest war ich nahe dran. Die Tränen werden wohl später noch kommen.» Christen hat in der Szene zwar den Ruf einer eiskalten «Killerin», dass sie aber durchaus ein emotionaler Typ ist, verriet sie im SRF-Studio.
Im Training hört Christen AC/DC
«Ich bin schon jemand, der eisenhart sein kann, wenn es darauf ankommt.» Aber: «Manchmal lasse ich die Fensterscheibe meines Autos runter und schreie», sagt sie lachend. Im Training hört sie nicht etwa klassische Musik, sondern die Songs der australischen Rockband AC/DC.
Unter Strom stand Christen auch während des gesamten Wettkampfes. «Mein Puls war immer höher als man meinen könnte. Als ich geschossen und gewusst habe, dass ich die Medaille habe, ist die Schlagzahl enorm hochgegangen. Das waren etwa 140 bis 150 Schläge.» Danach sei sie erleichtert gewesen.
Ich weiss nicht, ob es die zwei schwersten Schüsse meiner Karriere waren.
Als es gegen die Norwegerin Jeanette Hegg Duestad um Bronze ging, bewies sie Nervenstärke. «Ich weiss nicht, ob es die zwei schwersten Schüsse meiner Karriere waren. Ich bin aber mega stolz, dass ich es geschafft habe, in dieser Situation zwei so tolle Treffer zu setzen.»
Was liegt in der Paradedisziplin drin?
Sie habe schon in der Qualifikation gespürt, dass sie gut drauf sei. «Eigentlich wären ja die 50 m meine Hauptdisziplin und der Plan wäre gewesen, dort anzugreifen. Aber es ist natürlich toll, dass es schon jetzt geklappt hat.»
Sie habe gewusst, dass sie auch auf 10 m gut schiessen könne. Seit Rio 2016 arbeitet Christen mit einem Mentalcoach zusammen. «Das war sicher ein entscheidender Teil.»
In einer Woche folgt im Dreistellungsmatch mit dem Kleinkaliber-Gewehr noch die eigentliche Spezialdisziplin. «Ich bin unglaublich erleichtert, mit dieser Ausgangslage anzutreten», so Christen. Sie habe jetzt zwei Tage frei, dann folgen die Trainingstage. Die Schweizer Flagge und die Kantonsfahne von Nidwalden, welche sie in ihrem Zimmer in Japan aufgehängt hat, will sie auch beim nächsten Wettkampf hochhalten.