Die 39-jährige Nicola Spirig ist nicht mehr nur Sportlerin durch und durch, sondern auch Mutter dreier Kinder. Von daher machte sie sich nach der Verschiebung der Olympischen Spiele vor einem Jahr intensive Gedanken, ob sie weitermachen soll.
Schon vor dem Rennen zieht sie diesbezüglich ein positives Fazit: «Ich blieb verletzungsfrei, bin nochmals so fit, wie ich mir das gewünscht habe, kann sagen, alles gemacht zu haben, was möglich war. Ich bin sehr glücklich mit der Vorbereitung.»
Die beachtlichen Resultate der letzten Monate:
- Persönliche Bestzeit über 10'000 m
- Weltcupsieg beim Triathlon in Lissabon (Mai)
- Europameister-Titel im Halb-Ironman am Walchsee in Tirol (Ende Juni)
Die Rennkonstellation ist ganz anders als vor neun Jahren in London und vor fünf Jahren in Rio.
Spirig sieht sich nicht als Topfavoritin
Dennoch dämpfte Spirig vor dem Abflug am letzten Donnerstag die Erwartungen. Mit einer dritten Medaille nach Gold 2012 in London und Silber 2016 in Rio rechnet die Zürcherin bei ihrer 5. Olympia-Teilnahme zumindest öffentlich nicht. «Im Einzel wird es sehr schwierig werden. Denn die Rennkonstellation ist ganz anders als vor 9 Jahren in London und vor 5 Jahren in Rio.»
Es gebe schnelle Schwimmerinnen, die auch auf dem Rad gut zusammenarbeiten. «Ich werde eher in der zweiten Gruppe sein, die erste Gruppe aufzuholen, dürfte schwierig werden. Aber ich hatte eine gute Vorbereitung und werde alles geben», sagt Spirig. Neben Spirig werden die Britin Georgia Taylor-Brown (Weltmeisterin 2020) und Katie Zaferes (Kurzdistanz-Weltmeisterin 2019) favorisiert.
Zahlt sich die Quälerei in St. Moritz aus?
Die Vorbereitung absolvierte sie in der Höhe von St. Moritz, wobei die Perfektionistin einmal mehr nichts dem Zufall überliess, auch wenn aufgrund ihrer Rolle als Mutter nicht mehr die gleiche akribische Vorbereitung wie vor London möglich war.
Die Medaillenchancen sind sehr gering im Team.
So absolvierte sie etwa ein Kurventraining mit dem früheren Rad-Profi und jetzigen -Nationaltrainer Michael Albasini. Die Velostrecke studierte sie mehrmals per Video. Und weil sie sich aufgrund der Quarantäne-Bestimmungen nicht wie geplant in Südkorea auf die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit in Tokio vorbereiten konnte, trainierte sie stattdessen in einem Saunazelt bei einer Temperatur von 32 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 75 Prozent.
Der frühe Vogel fängt den Wurm
Zupass kommt ihr, dass es in Tokio früh hell und warm ist. Zudem trainiert sie zu Hause immer wieder schon um 07:00 Uhr, und dies relativ hart. Von daher erwartet sie keine Probleme wegen der Startzeit.
Vier Tage nach dem Einzel-Wettkampf steht am Samstag auch noch der Staffel-Event an. «Die Medaillenchancen sind sehr gering im Team», stellt Spirig klar. Aber es könne auch viel passieren im Mixed-Team-Relay. «Es geht alles sehr schnell, es ist wichtig, dass man die Wechsel gut hinkriegt. Da passieren unvorhergesehene Dinge.» So oder so ist die Vorfreude riesig bei Spirig.
Auch Annen am Start
Schon drei Tage vor dem Rest des Triathlonteams reiste Jolanda Annen nach Tokio. Die 28-jährige Urnerin, die neben Spirig als zweite Schweizerin den Triathlon bestreitet, wollte sich möglichst gut akklimatisieren. «Ich wollte keinen unnötigen Stress erleben», sagte sie gegenüber der Linth-Zeitung . Eine genaue Zielsetzung formuliert Annen nicht. In Rio belegte sie den 14. Platz. Ihr grösster Erfolg ist der Vize-EM-Titel im Sprint 2017.