Zu den schlimmsten Schicksalsschlägen zählt, als Eltern den Tod seines Kindes zu erleben. Erika Kunz Gyger ist das innert weniger Jahre sogar zweimal widerfahren.
Ihre 2003 geborenen Zwillingsmädchen Lhamo und Tashi – beides Namen aus der Kultur ihres tibetischen Vaters – wurden nur 12 bzw. 16 Jahre alt.
Ein Kind zu verlieren, ist einfach nur schlimm. Ich weiss nicht, ob man es irgendwann schafft, dass die Erinnerung nicht mehr jedes Mal wie ein Stich ist, der einen fast umhaut.
Erika ist schon zweifache Mutter, als die Zwillinge beide mit einem unbekannten Gendefekt zur Welt kommen. Das Leben der alleinerziehenden Mutter steht Kopf: Betreuung der Zwillinge sowie der älteren Kinder, Haushalt, Arbeit im Büro. Zeit zum Nachdenken bleibt Erika keine.
Peinigendes Bitten um Hilfe
Schwerer als der Wegzug aus ihrem Haus in eine kleine Blockwohnung fällt Erika die Rolle als ewige Bittstellerin. Heimplätze, Fördergeld und Unterstützungsangebote sind für sie unerlässlich, innerlich jedoch sträubt sich Erika gegen das Gefühl, stets dankbar und demütig sein zu müssen.
Zum Verhängnis wird Erika aber nicht die Belastung – sondern vielmehr der Wegfall der Belastung. Als vier Jahre nach Lhamo 2019 auch Tashi stirbt, stürzt Erika ab ins Bodenlose. Ein Klinikaufenthalt folgt.
Erlösendes Loslassen
Den Moment, als sie merkt, dass sie auch Tashi verlieren wird, beschreibt Erika so: «Ich wusste, ich muss mein Kind gehen lassen. Das ist jetzt die höchste Form von Liebe. Ich darf meine Tochter nicht mehr hier behalten, sie kann nicht mehr.»
Die auf den Verlust folgende, totale Leere überwindet Erika mit therapeutischer Unterstützung. Eine gute Freundin sagt: «Es hat sie nicht gebrochen. Sie konnte diese Erfahrung mitnehmen und ist eine sehr starke, lebensreife Frau geworden.»
Besondere Achtsamkeit
Erika stellt fest: «Ich merke erst jetzt, welche besondere Qualität ich und die Zwillinge hatten. Mit ihnen musste ich immer sehr achtsam sein. Das ergab eine ganz besondere Energie, welche ich sehr vermisse.»
Zwar findet Erika: «Es kann fast niemand nachfühlen, was ich erlebt habe.» Aber der DOK-Film «Phönix aus der Asche» leistet einen einfühlsamen und wertvollen Beitrag dazu, dass ihr bewegendes Leben auch anderen Menschen zugänglich wird.