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Knappe Intensivbetten Warten auf die Operation: Wie ungleich Corona die Spitäler bremst

Kein Platz auf der Intensivstation. Wegen der Pandemie wurden schweizweit bereits 20'000 Operationen verschoben, die einen Intensivplatz benötigen. Insbesondere in öffentlichen Spitälern ist die Wartezeit lang.

So gross wie ein Tischtennisball war der Tumor in ihrem Kopf. Für Michèle Bühlmann wäre am 19. Januar endlich das Ende in Sicht gewesen – doch am Tag der Operation hiess es: Sie müssen wieder nach Hause. «Ich hätte 24 Stunden eine Intensivstation besetzt. Aber wegen Corona waren die Intensivstationen voll.» Für Michèle Bühlmann eine Katastrophe.

Wegen des Tumors sah sie manchmal Doppelbilder, konnte keine Bücher mehr lesen. Hinzu kam die Sorge um die verschobene Operation: «Ich schlafe nicht wegen der Belastung. Auch wegen der Belastung durch die verschobene OP.»

Auch im betroffenen Spital, im Zürcher Hirslanden, ist man alles andere als glücklich über die Verschiebungen. «Wir würden es auch lieber anders machen. Aber wir sind ein Covid A-Spital. Das heisst, wir haben Aufnahmepflicht», sagt Reto Stocker, Intensivmediziner am Hirslanden. Wegen Covidpatienten und anderen Notfällen sei die Operation von Michèle Bühlmann einfach nicht möglich gewesen.

Wie Michèle Bühlmann geht es vielen. 20'000 Operationen wurden bis jetzt in der Schweiz verschoben, weil die Intensivstationen mit Covidfällen ausgelastet waren. Insbesondere im November und Dezember waren die meisten Intensivbetten wegen Covid-Patienten belegt.

Thomas Van Boeckel hat die Lage für die Science Task Force des Bundes analysiert. Der Rückstau ist dabei bei den öffentlichen Spitälern um einiges grösser als in privaten: «Wenn ich morgen ein Bett auf der Intensivstation bräuchte, müsste ich in einem öffentlichen Spital etwa 32 Tage warten. Im Privatspitälern gibt es jedoch einen Rückstau von nur 19 Tagen.»

Warum Patientinnen und Patienten im öffentlichen Spital zwei Wochen länger warten müssen, als in Privatspitälern, ist nicht klar belegt. Beide behandeln etwa gleich viele Covidpatienten. Es könnte aber sein, dass die öffentlichen Spitäler mehr Notfälle – auch schwierigere Fälle – aufnehmen, welche die Intensivstationen stärker belasten.

Eine mögliche Massnahme: die Verzögerung zwischen den Krankenhäusern umzuverteilen. Das sei insbesondere im Hinblick auf die sich schneller verbreitende britische Mutation wichtig: «Um so schnell wie möglich für eine dritte Welle bereit zu sein», sagt Thomas Van Boeckel.

Das Aufschieben von Operationen während der Pandemie hat für manche Patienten Folgen. Laut Reto Stocker vom Hirslanden Spital gibt es zwar noch keine klaren Daten. Aber bei einigen verschlimmern sich die Beschwerden während der Wartezeit, sie werden zum Notfall – oder noch schlimmer: «Bei vier Patienten haben wir den Eindruck, dass wir ihnen hätten helfen können. Sie sind aber während der Warteperiode verstorben.»

Michèle Bühlmann wurde mittlerweile operiert – drei Wochen nach ihrem ursprünglichen Termin.

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Puls, 15.02.2021, 21:05 Uhr

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