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Was Covid-19 gefährlich macht Corona: Wenn das Immunsystem durchdreht

Viele haben Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Viele fürchten sich vor Corona. Aber nicht nur das Virus ist gefährlich, sondern auch seine Wirkung auf das Immunsystem.

Eine Türklinke, einmal Husten, nur ein Meter Distanz - und schon hat man sich mit dem Coronavirus angesteckt. Doch Vier von Fünf merken es kaum, haben höchstens einen Schnupfen, so steht es in einer grossen Studie aus China.

Das ist der effizienten Körperabwehr zu verdanken: Das Immunsystem macht seinen Job. Funktioniert tadellos. Aber leider nicht immer.

Ein Haufen blau und violett eingefärbte, kugelrunde Killerzellen.
Legende: Killerzellen wie diese drehen bei Corona durch und zerstören auch gesundes Gewebe. Keystone/Science Photo Library/Steve Gschmeissner

Das Immunsystem dreht durch

Manchmal dreht das Immunsystem einfach durch. Und das ausgerechnet bei den schwer Erkrankten: «In späteren Phasen, also bei schweren Verläufen von Covid-19, spielt die Entzündungsreaktion eine starke Rolle», bestätigt Manuel Battegay, Chefarzt der Infektiologie und Spitalhygiene am Universitätsspital Basel.

Wahrscheinlich ist die Körperabwehr sogar mit schuld daran, dass es zu diesen schweren Verläufen kommt. Denn die Immunzellen beginnen gesundes Gewebe zu zerstören. Insbesondere die sogenannten Killerzellen.

Killerzellen zerstören das Lungengewebe

Wenn die Körperabwehr auf das Coronavirus aufmerksam wird, ruft es eine ganze Armada von Immunzellen auf den Plan. An vorderster Front: Die Killerzellen. Sie sollten gezielt Zellen zerstören, die mit dem Corona-Virus befallen sind.

Doch bei Covid-19 drehen sie durch: Sie killen alles, was Ihnen in den Weg kommt. Also auch gesunde Lungenzellen. So kann die eigene Körperabwehr die Krankheit massiv verschlimmern.

Laut Chefarzt Manuel Battegay versucht das Pflegepersonal alles, damit die Patientinnen und Patienten nicht auf die Intensivstation müssen.

Entzündungshemmer könnten helfen

Im Basler Universitätsspital beobachten die Ärztinnen und Ärzte darum genau die Entzündungswerte der schwer an Corona Erkrankten. «Sehen wir klinisch und von den Entzündungswerten eine entsprechend starke Reaktion, versuchen wir es mit dem Einsatz von Entzündungshemmern», erklärt Chefarzt Battegay das Vorgehen: «Wir sind aber sehr vorsichtig mit der Interpretation, ob dies eine Wirkung hat.»

Zum Einsatz kommt ein Roche-Medikament namens Actemra. Eigentlich wurde es für Arthritis zugelassen. Doch in der Not verabreichten es schon Ärzte in China und Italien zur Corona-Therapie. Und es scheint zu wirken. Allererste Einsätze des Entzündungshemmers stimmen positiv, so Roche-Verwaltungspräsident Christoph Franz.

Studie zu Corona läuft an

Anfang April will Roche die Wirksamkeit ihres Entzündungshemmers bei Covid-19 in einer Studie prüfen.

Auf diese Studie kann Manuel Battegay am Basler Universitätsspital nicht warten. Er setzt den noch nicht für Corona zugelassenen Entzündungshemmer ein - mit der angebrachten Vorsicht: «Wir betreiben ein minutiöses Monitoring bei diesen Covid-Patienten.»

Forschung im Zeitraffer

Das erlaubt dem Basler Chefarzt, sich selbst ein Bild zu machen, wie gut Entzündungshemmer helfen können. Und er tauscht sich mit Kolleginnen und Kollegen in der Schweiz, im Tessin, in Italien und in Asien aus.

Es muss jetzt einfach schnell gehen: «Schon in Wochen sollten wir wissen, wie gut diese Entzündungshemmer wirklich sind», ist Manuel Battegay überzeugt. «Es läuft alles wie im Zeitraffer, und wir hoffen, dass eine Studie nach der andern rauskommt.»

SRF 1, Einstein, 26.3.2020, 21.05 Uhr

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