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WHO-Chef Ghebreyesus Mit Umsicht gegen das Coronavirus

Er hat einen der härtesten Jobs der Welt: der WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Nun hat er mit seiner bisher grössten Herausforderung zu kämpfen: dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus.

Am 30. Januar 2020 ruft Tedros Ghebreyesus an der WHO-Zentrale in Genf den internationalen Gesundheitsnotstand aus – wegen des Coronavirus. Der WHO-Chef und sein Krisenstab informieren seither täglich über den Verlauf der Epidemie. Ghebreyesus kommuniziert betont offen – und diese Offenheit fordert er auch von anderen ein.

Die Mitgliedstaaten sollen ihr Wissen über das Virus für andere verfügbar machen: Darauf beharrt Ghebreyesus bei seinen Auftritten immer wieder. Und er betont, die WHO arbeite mit der chinesischen Regierung zusammen, um die Krise im Epizentrum zu bekämpfen.

Ein hervorragender Kommunikator

Kai Kupferschmidt ist Wissenschaftsjournalist in Berlin, er kennt den WHO-Chef von mehreren längeren Interviews. Dessen Aufgabe, die Krise rund um das Coronavirus zu bewältigen, sei ein politischer Hochseilakt.

Ghebreyesus mache seine Sache gut: «Er ist gut darin, zu kommunizieren, Sorgen aufzunehmen. Er hat auch China für sein Vorgehen gelobt und eingebunden.»

Gerade dieses wiederholte Lob gegenüber dem chinesischen Staat sei zweischneidig. Man könne sich zu Recht fragen, inwiefern Menschenrechte mit Füssen getreten werden, wenn ganze Millionenstädte abgesperrt werden. Das werde jedoch in der jetzigen Situation akzeptiert.

Einer, der viel bewirkt

Bevor Tedros Ghebreyesus 2017 für den Posten als WHO-Generaldirektor kandidierte, war er Gesundheitsminister, dann Aussenminister seines Landes. In dieser Zeit hat er viel bewirkt.

Er hat Tausende von Frauen zu Krankenschwestern ausbilden lassen, die sich in den ländlichen Gebieten um schwangere Frauen kümmern, die Medikamente gegen Malaria verteilen und Kinder impfen.

Er veränderte die WHO

Auch die WHO hat Ghebreyesus ziemlich umgekrempelt. Er hat Kaderpositionen mit Frauen besetzt und für mehr Diversität gesorgt. Enge Mitarbeitende attestieren ihm ein tiefgreifendes Verständnis für die Bedürfnisse und Sorgen der WHO-Mitgliedstaaten.

Das sieht auch Kai Kupferschmidt so: «Im Vergleich zu früheren Generaldirektoren reist er wahnsinnig häufig an die Orte, die von Krisen betroffen sind.» Zwölf Mal sei er in den Kongo geflogen, wo man mit dem Ausbruch des Ebola-Virus zu kämpfen habe.

Er wolle den Menschen signalisieren, dass er für sie da sei, sich um sie kümmere. So sei er wirklich, sagt Kupferschmidt. Er sei ein warmer und empathischer Mensch, der viel Interesse zeige, der als Politiker aber auch die Spielregeln der Diplomatie beherrsche. So lasse sich Ghebreyesus' wohlwollender Ton gegenüber China erklären.

«China tut viel Gutes, um die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern.» Der WHO-Chef wiederholt diese Worte wie ein Mantra. Denn er weiss: Kritik wäre kontraproduktiv, China würde in diesem Fall Informationen zurückhalten. Tedros Ghebreyesus setzt stattdessen auf die Solidarität. Das ermöglicht China, das Gesicht zu wahren.

Sendung: Kultur aktuell, Radio SRF 2 Kultur, 19.2.2020, 17.10 Uhr.

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