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Nobelpreis für Physik 2013 Nobelpreisträger Peter Higgs: Weltberühmt wider Willen

Der Mann, dessen Namen das Higgs-Teilchen trägt, mag keinen Rummel. Er war am Dienstag fürs Nobel-Komitee nicht zu erreichen und hat sich diese Woche auch sonst der Welt nicht gezeigt. Nun aber ist er in Edinburgh vor die Presse getreten. «Ich war nur mal schnell beim Mittagessen.»

Peter Higgs ist ein Star, zumindest in der Physik. Denn er ist einer der geistigen Väter des berühmten Higgs-Teilchens. Jenes Teilchens also, das letztes Jahr am Forschungszentrum Cern in Genf nachgewiesen wurde und für dessen «Erfindung» Peter Higgs diese Woche mit dem Physik-Nobelpreis geehrt worden ist. Doch der 84-Jährige mag kein Star sein. Als das Nobelkomitee ihn am Dienstag anrief, war er nicht erreichbar. Er hatte sich verzogen, beantwortete keine Glückwünsche und keine Presseanfragen.

Selbst enge Freunde wussten nicht, wo er sich aufhielt. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Nun aber hat er sich am Freitagmittag doch noch der Öffentlichkeit gezeigt, mit einem Auftritt an seiner Heimuniversität in Edinburgh. «Ich war nur mal schnell beim Mittagessen», sagt er zu seinem Abtauchen am Dienstag.

Zurückhaltend, aber nicht menschenscheu

«Peter Higgs steht nicht gerne im Rampenlicht, das war ihm schon immer unangenehm», sagt der «Guardian»-Journalist Ian Sample. Sample hat ein Buch über die Jagd nach dem Higgs-Teilchen («Massive») geschrieben. Dafür hat er Peter Higgs mehrfach getroffen. Das war gar nicht so einfach. Denn der britische Forscher hatte lange kein Mobiltelefon, und er benutzt keine E-Mails. So musste Ian Sample ihm Briefe schreiben. «Die Antwort kam dann jeweils Monate später, handgeschrieben», erzählt er.

Wer Peter Higgs treffen will, braucht also Geduld. Viele Journalisten sind aber nicht geduldig und beschreiben Peter Higgs deshalb als Eigenbrötler. Doch das sei ein Klischee, meint Ian Sample. Peter Higgs sei überhaupt nicht menschenscheu. Im Gegenteil: Er sei viel unterwegs, halte viele Vorträge.

Nur mit seinem Ruhm habe er sich nie richtig angefreundet. «Er schlägt nicht seine eigene Werbetrommel», sagt Sample – im Unterschied zu vielen anderen Forschern. Das zeigte sich auch bei der Pressekonferenz in Edinburgh. Es war ihm zu Beginn sichtlich unwohl vor den vielen Fotografen. Aber die Freude war Peter Higgs doch anzusehen, so der Journalist. Er habe sich natürlich sehr gefreut über den Preis, «vor allem darüber, dass das Warten jetzt vorbei ist.»

Die Kraft eines Namens

Peter Higgs war nämlich schon lange als Nobelpreis-Kandidat gehandelt worden. Der Grund dafür sind zwei wissenschaftliche Artikel aus dem Jahr 1964. Darin präsentierte der damals noch junge Forscher ein neues Konzept, das später viele Früchte tragen sollte. Physiker erklären sich damit heute, wie die Bausteine der Materie ihre Masse bekommen.

Auch andere Forscher beschäftigten sich damals mit ähnlichen Ideen, zum Beispiel der Belgier François Englert, mit dem Higgs sich den diesjährigen Nobelpreis teilt. Doch Teilchen und Feld tragen heute den Namen Higgs. Zu verdanken hat Peter Higgs das auch seinem Kollegen Benjamin Lee, der an einer Konferenz 1972 damit begann, die neue Theorie als «Higgs-ähnlich» zu bezeichnen. Und von da an war es das Higgs-Teilchen.

Der Belgier François Englert (l.) mit Peter Higgs bei einer Pressekonferenz im Cern in Meyrin nahe Genf im Juli 2012.
Legende: Ein Nobelpreis für zwei Physiker: François Englert (l.) mit Peter Higgs bei einer Pressekonferenz am Cern bei Genf im Juli 2012. Keystone

Peter Higgs mag diesen Namen immer noch nicht. Er nennt es zum Beispiel «das Teilchen, das meinen Namen trägt» oder ABEGHHK'tH-Teilchen, nach all den Forschern, die zu dieser Theorie beigetragen haben (Anderson, Brout, Englert, Guralnik, Hagen, Higgs, Kibble und t'Hooft).

Der Journalist Ian Sample findet das sympathisch, aber er meint: «Irgendwann wird Peter Higgs sich daran gewöhnen müssen, dass er der Erste war, der das neue Teilchen vorgeschlagen hat. Das habe wir Schwarz auf Weiss.» An der Pressekonferenz in Edinburgh zeigte sich der Physiker Higgs einsichtig: Es sei unrealistisch, den Namen jetzt noch zu ändern, meinte er trocken.

Ein bitterer Rückschlag

Ein Teil von Higgs Bescheidenheit kommt wohl auch daher, dass er in seiner Karriere zum Teil auch grandios scheiterte. Er schaffte es nämlich nicht, seine eigene Theorie auf die richtigen Elementarteilchen anzuwenden. Stattdessen gelang das zum Beispiel dem Physiker Steven Weinberg, mit einer eleganten Theorie, für die er schon 1979 mit dem Nobelpreis geehrt wurde.

Dieser Misserfolg schmerze Peter Higgs ohne Zweifel immer noch, sagt Ian Sample: «Er sagt oft, dass er nichts Wesentliches zur Physik beigetragen habe.» Das Nobel-Komitee ist offensichtlich anderer Meinung.

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