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Schweizer Wissenschaftspreis «Schweizer Nobelpreis» für Protein-Profi Rudolf Aebersold

Der Systembiologe Rudolf Aebersold erhält den höchstdotierten Schweizer Wissenschaftspreis. Denn niemand versteht Proteine so gut wie er.

«Ich dachte eigentlich, die Zeit der Auszeichnungen für meine Arbeit sei vorbei», sagt Rudolf Aebersold.

In den vergangenen Jahren haben der Systembiologe und sein Team bereits einige Wissenschaftspreise erhalten. Dass er nach seiner Emeritierung im Frühling nun mit dem renommierten Marcel-Benoist-Preis, dem «Schweizer Nobelpreis», ausgezeichnet wird, freut ihn umso mehr.

Seine Methode: Eiweisse verstehen

Wofür der Biologe den mit 250'000 Franken dotierten Preis bekommt, wirkt trocken: Rudolf Aebersold ist «Proteomiker». Das heisst, er erforscht Proteine, also Eiweisse.

Eiweisse gehören zu den wichtigsten Bausteinen lebender Zellen. Aebersold hat Methoden entwickelt, um sie auseinanderzuhalten und herauszufinden, wozu sie gut sind.

Mann sitzt vor Computer im Labor
Legende: Der Gewinner des «Schweizer Nobelpreises»: Rudolf Aebersold. Daniel Rihs

Zellen, Organe, Einzelteile

Das Besondere daran erkennt man erst, wenn man sich anschaut, wie die Biologie in den 1990er-Jahren funktionierte: Forschende versuchten damals lebende Systeme – Zellen, Organe oder ganze Körper – zu verstehen, indem sie sie in ihre Einzelteile zerlegten.

Dabei gingen wichtige Fragen vergessen: Wie gehören die Einzelteile zusammen? Wie funktionieren sie miteinander?

Die Methode hinkt

Zu dieser Zeit war Rudolf Aebersold Forscher an der Washington State University in Seattle. Es brauchte, so sagt er, mehr Wissen über die Zusammenhänge: «Eigentlich versteht man die Problematik von damals gut, wenn man das Vorgehen auf unsere Gesellschaft überträgt. Bei einer Volkszählung in einer Stadt können wir Alter, Geschlecht oder Beruf von jedem Mitglied dieser Stadt verfassen. Aber daraus ergibt sich noch kein Verständnis, wie diese Gesellschaft funktioniert.»

Im Jahr 2000 gründete Rudolf Aebersold zusammen mit Kollegen in Seattle das weltweit erste Institut für Systembiologie. Vier Jahre später kam er in die Schweiz zurück und baute das Institut für Systembiologie der ETH Zürich auf.

Das System Tumor

Seit diesem Frühjahr ist Aebersold nicht mehr Professor an der ETH – und doch noch nicht im Ruhestand. Er leitet bis Ende 2023 das «Tumor Profiling»-Projekt der ETH Zürich.

Beim Tumor Profiling versucht man einen Tumor, der einen Menschen krank macht, zu charakterisieren. Der Biologe nimmt also die Tumorzellen auf genau die gleiche Art auseinander, wie die Zellen in jedem anderen System des Körpers.

So erfährt der Wissenschaftler, wie der Tumor in seiner Umgebung überlebt. Wie er sich holt, was er zum Leben braucht und was ihn schwächt. Das soll dabei helfen, ihn zu bekämpfen.

Aebersolds Entdeckungen tragen also auch nach seiner Emeritierung Früchte. Da ist es denkbar, dass auch die Zeit der Auszeichnungen vielleicht noch nicht ganz vorbei ist.

Latsis-Preis für Maryna Viazovska

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Legende: Daniel Rihs

Der Marcel-Benoit-Preis wird am 4. November 2020 zusammen mit dem Latsis-Preis von Bundesrat Guy Parmelin in Bern überreicht. Die Preisträgerin des Latsis-Nachwuchspreises ist Maryna Viazovska. In ihrer mathematischen Arbeit dreht sich alles darum, wie dicht man Kugeln packen kann. Viazovska ist seit 2017 Professorin an der ETH Lausanne und hält den Lehrstuhl für Zahlentheorie.

SRF News, Echo der Zeit, 21.09.2020, 18:37 Uhr. ; 

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