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Medizin-Nobelpreis 2015 «Dieser Entdeckungsprozess ist ziemlich grossartig»

Millionen Menschen auf der Welt profitieren von den Entdeckungen der Medizin-Nobelpreisträger 2015. Ein Juror erklärt im Interview, wieso sie so wichtig für den Kampf gegen schwere Krankheiten sind – und was die Entdeckung des Malaria-Medikaments so besonders macht.

Für ihren Kampf gegen Parasiten-Krankheiten bekommen zwei Forscher und eine Wissenschaftlerin den diesjährigen Medizin-Nobelpreis. Im Interview erzählt Jury-Mitglied Thomas Perlmann, wieso die Entdeckung des Malaria-Medikamentes durch die Chinesin Youyou Tu nicht nur bahnbrechend, sondern auch extrem ungewöhnlich ist.

Eine Pflanze gegen Malaria

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Legende: Kristian Peters -- Fabelfroh / Wikimedia commons

Die 84-jährige Youyou Tu hatte bei Tests mit Pflanzen das Potenzial des Artemisinins entdeckte, einer in der traditionellen chinesischen Medizin verwendeten Substanz aus Blättern und Blüten des Einjährigen Beifusses. Sie wirkt gegen den Erreger der Malaria tropica. Allein für Afrika bedeutet sie mehr als 100'000 gerettete Leben pro Jahr.

Wie ist der Chinesin Youyou Tu der Durchbruch in ihrer Malaria-Forschung gelungen?

Youyou Tu hat sich für traditionelle chinesische Medizin interessiert und Schriftstücke gefunden, die mehrere tausend Jahre alt waren. Darin hat sie die Pflanze Artemisia annua entdeckt und dachte sich, dass diese vielleicht für die Malaria-Behandlung interessant sein könnte. (...) Daraufhin hat sie in anderen Schriftstücken traditioneller Medizin gestöbert und schliesslich aktive Substanzen in dieser Pflanze gefunden. Sie konnte beweisen, dass dieser Wirkstoff enorm effektiv gegen Malaria ist. Das ist ziemlich grossartig, dieser Entdeckungsprozess.

Wie oft kommt es vor, dass Entdeckungen auf diese Art gemacht werden?

Ich weiss nicht, ob es das jemals zuvor gegeben hat. Das ist ganz klar völlig ungewöhnlich.

Youyou Tus Malaria-Medikament wird schon seit Jahrzehnten eingesetzt. Was unterscheidet es von anderen Mitteln gegen Malaria?

Es gibt einige andere Therapien, die gab es auch schon vorher. Ein Problem ist, dass Resistenzen entwickelt wurden. Ausserdem wird hier ein total neuer Mechanismus angewandt, der enorm effektiv ist. Heute gibt es Kombinationen von Medikamenten, die bei Menschen, die sich mit Malaria infiziert haben, angewendet werden. Und das macht es so viel effektiver.

Warum hat die Jury sich entschieden, den Nobelpreis in diesem Jahr in zwei Preise aufzuteilen?

Das machen wir manchmal, wenn wir sehen, dass die Kombination besonders attraktiv sein könnte. Beide Entdeckungen stehen für sich selbst, sind komplett unabhängig voneinander, aber sie sind beide sehr wichtig für die globale Gesundheit – dafür, die verletzlichsten Menschen auf der Welt zu behandeln, in den ärmsten Gegenden der Welt. Deshalb sind sie ein schönes Paar.

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