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Kip Thorne vor einer Wand mit Kosmos-Muster.
Legende: Für Kip Thorne liefert das Universum Stoff für einen Blockbuster. Getty Images

Science und Science-Fiction Kip Thorne erhellt das Universum – in der Forschung und im Kino

Er ist einer der wichtigsten Physiker der Welt – und erhielt dieses Jahr den Nobelpreis. Doch Forschung ist für Kip Thorne nur eine Tätigkeit unter vielen. Auch Hollywood profitiert von seinem Wissen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kip Thorne erhielt dieses Jahr den Nobelpreis für Physik – für seine Messung von Gravitationswellen.
  • Der Forscher arbeitet auch für Hollywood: Als Berater des Films «Interstellar» (2015) gibt er sein Wissen an ein breites Publikum weiter.
  • Vor Kurzem war Kip Thorne in Zürich zu Gast, wo er einen Ehrendoktor der ETH erhielt.

Die meisten Menschen lassen es im Alter gemütlicher angehen, sie pflegen ihre familiären Kontakte und Hobbys. Kip Thorne jedoch ist mit 77 Jahren aktiver denn je.

Porträt Kip Thorne
Legende: Forschung ist nur die halbe Miete: Kip Thorne. Keystone

Soeben hat der emeritierte Professor der US-Elitehochschule Caltech mit einem Kollegen das 1500-seitige Lehrbuch «Modern Classical Physics» veröffentlicht. Ihre Absicht: Das Physikstudium in den USA erweitern.

Zurzeit erforscht Thorne in einem internationalen Team von Wissenschaftlern mit Computersimulationen, wie Raum und Zeit sich in kosmischen Stürmen verhalten.

Kunst zum Universum

Doch das wissenschaftliche Arbeiten läuft bei Kip Thorne heute sozusagen nebenbei. «Der Grossteil meiner Energie fliesst nun in gemeinsame Projekte mit Künstlerinnen, Musikern und Filmemachern», sagt er uns im Gespräch in seiner ruhigen, leicht nachdenklichen Art.

Kip Thorne in Zürich

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Diese Tage weilte Kip Thorne in Zürich , wo er einen Ehrendoktortitel der ETH erhalten hat. Mit der ETH verbinde ihn sein Forschungsgebiet, die Relativitätstheorie, sagt Thorne: Hier sei Albert Einstein ausgebildet worden.

So arbeitet der Physiknobelpreisträger und ETH-Ehrendoktor zurzeit etwa an einer Multimedia-Konzertreihe zu den kürzlich entdeckten Gravitationswellen, zusammen mit dem Komponisten Hans Zimmer und dem Visual-Effects-Spezialisten Paul Franklin, beide mehrfache Oscar-Preisträger.

Ein weiteres Projekt: Mit der US-amerikanischen Malerin Lia Halloran arbeitet Kip Thorne an einem gemeinsamen Buch. Darin beschreiben sie «die gekrümmte Seite unseres Universums» – er mit eigenen Gedichten, sie mit ihren Bildern.

Wissenschaft fürs breite Publikum

Die gekrümmte Raumzeit und Gravitationswellen – solche Themen gehen auf Albert Einsteins Relativitätstheorie zurück. Wie sich die Relativitätstheorie im Universum auswirkt, das erforscht Kip Thorne als Wissenschaftler. Auf künstlerischem Weg will er es möglichst vielen Leuten nahe bringen.

Bravourös gelungen ist ihm dies im Film «Interstellar» von Regisseur Christopher Nolan. In jenem Science-Fiction-Epos von 2015 war Kip Thorne Co-Produzent und wissenschaftlicher Berater.

«Mit ‹Interstellar› haben wir 100 Millionen Zuschauer erreicht. All diesen Menschen rund um den Globus konnten wir die Schönheit und Faszination von Wissenschaft vermitteln. So viele Menschen hätte ich als einfacher Professor nie ansprechen können.»

Die Gravitationswellen fehlen

Tatsächlich steckt in «Interstellar» viel Wissenschaft – Wissenschaft, die auf Einsteins Relativitätstheorie beruht.

So ist etwa der Hauptdarsteller am Ende jünger als seine Tochter – weil er im Universum in der Nähe eines schwarzen Lochs unterwegs ist, dessen gewaltige Gravitation die Zeit langsamer laufen lässt, als auf der Erde. Auch eine tunnelartige Abkürzung durchs Universum, ein sogenanntes Wurmloch, kommt vor: ein theoretisch nicht unmögliches, aber spekulatives Gebilde.

Hingegen hält man vergeblich Ausschau nach Gravitationswellen. Also nach jenem neuen Typ Wellen, den man dank Kip Thornes Forschung heute messen kann. Dafür erhielt er auch den Nobelpreis.

Zu viel Wissenschaft?

Warum fehlen diese Wellen? «Sie waren ursprünglich drin, der Film sollte eigentlich mit der Beobachtung von Gravitationswellen in einem der sogenannten Ligo-Detektoren beginnen. Doch Christopher Nolan hat dies herausgestrichen, weil er fand, der Film sei zu wissenschaftslastig.»

Als dann vor zwei Jahren das reale Ligo-Team die erste erfolgreiche Messung von Gravitationswellen bekannt gab, habe Nolan ihn zu sich gebeten. Der Regisseur habe ihm lange erklärt, wie sehr er diese Streichung bereue, sagt der Physiker im Interview leicht kichernd, mit sichtlicher Genugtuung.

Forschung hart am Urknall

Gravitationswellen sind für Astronomen eine Art neues Auge, um das Universum zu beobachten. Was für Entdeckungen erwartet Kip Thorne?

«Ziemlich sicher wird man in den nächsten 20 Jahren mit Hilfe dieser Wellen anfangen können, die Geburt des Universums zu rekonstruieren. Mit Licht und anderen elektromagnetischen Wellen war das bisher nicht möglich.» Uralte Gravitationswellen, die auf der Erde eintreffen, könnten in Zukunft unser Bild vom Urknall erhellen.

Drei Astronauten in einem Raumschiff.
Legende: «Interstellar»: In diesem Film steckt viel Wissenschaft. Imdb

Neuer Film in Arbeit

Und wie sieht Kip Thornes eigene Zukunft aus: Ist mit einem neuen Science-Fiction-Film zu rechnen? Tatsächlich arbeite er zurzeit an entsprechenden Entwürfen, nickt Kip Thorne – zusammen mit der schon bei «Interstellar» involvierten Hollywood-Produzentin Lynda Obst und seinem Freund im Rollstuhl, dem britischen Physiker Stephen Hawking.

«Vielleicht entsteht in ein paar Jahren erneut ein Film. Der dann hoffentlich auch wieder viele junge Menschen für Wissenschaft begeistert.»

Sendung: Radio SRF, Echo der Zeit, 19.11.17, 18 Uhr

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