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Trumps Wissenschaftspolitik US-Forschende lancieren den Gegenangriff

Seit seinem Amtsantritt zielt Präsident Donald Trump darauf ab, die wissenschaftlichen Institutionen zu schwächen. Nun schlägt die Bewegung «Stand up for Science» zurück – mit Social Media-Kampagnen, offenen Briefen und Protesten auf der Strasse.

Das Fass zum Überlaufen gebracht hat das Dekret mit dem verheissungsvollen Titel «Restoring the Gold Standard of Science» – also den Goldstandard der Wissenschaft wiederherstellen. Trump erliess diese Executive Order am 23. Mai, am Vorabend eines langen Feiertagswochenendes. Kaum beachtet von der breiten Öffentlichkeit, blieb sie jedoch nicht unentdeckt von den aufmerksamen Mitgliedern der Organisation «Stand up for Science».

«Sie wussten, dass wir das Dekret kritisieren würden. Sie versuchten, es vor den Medien zu verstecken. Aber das liessen wir nicht zu», sagt die Psychologie-Doktorandin Collette Dellawalla, die «Stand up for Science» ins Leben gerufen hat.

Wofür «Stand up for Science» kämpft

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Seit der Gründung im Februar dieses Jahres formieren Forschende aller Altersgruppen und Disziplinen den Widerstand – gegen das Streichen von Begriffen wie «Frauen» oder «Diversität» aus der Wissenschaft, gegen massive Kürzungen von Forschungsgeldern und die Verbannung ausländischer Studierender aus Universitäten wie Harvard.

Im neuen «Goldstandard» sehen Dellawalla und ihre Mitstreiterinnen eine Eskalation des anhaltenden Angriffs auf die Wissenschaft: das drohende Ende der Wissenschaftsfreiheit.

Zunächst klingt das Dekret harmlos: Mehr Transparenz bei staatlich geförderter Wissenschaft, klare Standards, um Interessenkonflikte vorzubeugen. Dagegen hätte sie nichts einzuwenden, das geschehe ohnehin bereits, sagt Dellawalla. Aber: «Gleichzeitig werden die Normen derart hochgeschraubt, dass keine Studie sie je vollständig erfüllen kann.» Darüber entscheiden sollen nicht mehr unabhängige wissenschaftliche Gremien, sondern politische Behördenmitglieder – direkt von Trump ernannt. Diese hätten die Macht, Forschende zu bestrafen, wenn ihre Arbeit die Kriterien nicht erfüllt.

Nobelpreisträger spricht von Machtmissbrauch

Auch der Nobelpreisträger Victor Ambros engagiert sich seit Beginn bei «Stand up for Science». Für den Professor der University of Massachusetts Medical School ist das Dekret ein Missbrauch wissenschaftlicher Prinzipien, um eine politische Agenda durchzusetzen. «Damit soll offensichtlich erreicht werden, dass bei den staatlichen Forschungsinstitutionen wie der NASA oder den National Institutes of Health Funktionäre das Sagen haben. Sie müssen Entscheidungen im Sinn der Regierung treffen, sonst verlieren sie ihren Job.»

Wenn du jung bist, eine Familie hast und deinen Studienkredit zurückzahlen musst, bist du auf deinen Job angewiesen. Deshalb ist stillzuhalten völlig verständlich.
Autor: Victor Ambros Nobelpreisträger

«Stand up for Science» hat das Dekret in einem offenen Brief scharf kritisiert. Victor Ambros hat ihn – nach Collette Dellawalla – als Zweiter unterzeichnet, und mit ihm über 10’000 Forschende. Seit den «No King»-Protesten habe der Widerstand deutlich zugenommen, so Dellawalla. «Die Leute merken: Das ist schlimm – aber wir können etwas tun. Da bewegt sich gerade etwas.»

Junge Forschende fürchten um ihre Karriere

In der Wissenschaft hätten aber viele auch Angst, sagt Victor Ambros, vor allem die Jungen: «Wenn du jung bist, eine Familie hast und deinen Studienkredit zurückzahlen musst, bist du auf deinen Job angewiesen. Deshalb ist stillzuhalten völlig verständlich.» Auch andere Akteure – Biotech-Unternehmen, Patientenorganisationen, medizinische Fachgesellschaften, Big Pharma – haben sich bisher kaum öffentlich positioniert.

Mehr als 1000 Aktionen im ganzen Land

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Geplant sind über den Sommer mehr als 1000 landesweite Events bis zur Budgetverhandlung im Herbst. Täglich gehen Pressemitteilungen raus, Social Media-Kampagnen laufen auf Hochtouren, TV-Auftritte werden koordiniert.

«Damit wollen wir der Bevölkerung klarmachen, wie unterqualifiziert, gar schädlich die Funktionäre sind, die Trump in den Wissenschaftsbehörden installiert hat.»

Umso proaktiver agiert «Stand up for Science». Das strategische Prinzip: Tempo. «Trump und seine Regierung verfahren nach dem System ‹flood the zone› – die Zone fluten, mit fast täglichen Erlassen und Entscheidungen, die die Leute überfordern sollen. Also machen wir es auch so: Wir greifen an, wir fluten unsere eigene Zone», sagt Dellawalla.

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Wissenschaftsmagazin, 21.6.2025, 12:40 Uhr ; 

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