CO2 in Landwirtschaftsflächen einlagern: Dazu laufen in der Schweiz derzeit verschiedene Versuche. Etwa eine Tonne CO2 könnte pro Hektar jedes Jahr im Boden eingelagert werden, in Form von organischem Kohlenstoff. Das entspricht etwa einer 5000 Kilometer langen Fahrt mit dem Auto. Wissenschaftsredaktor Christian von Burg hat sich das Potenzial dieser Initiativen angeschaut.
SRF: CO2 im Boden einlagern – wie geht das?
Christian von Burg: Das funktioniert über den natürlichen Weg der Humus-Bildung. Die Pflanzen nehmen bei der Fotosynthese CO2 auf und wandeln es zu organischem Material um, etwa zu Blättern, Früchten oder Stämmen. Über die Wurzeln oder durch das Absterben der Pflanzen gelangt ein Teil des Kohlenstoffs allmählich in den Boden. Dort nehmen ihn dann Pilze und Mikroorganismen auf und halten ihn sozusagen fest.
Das kann man forcieren. Zum Beispiel, indem man Gründüngung betreibt, also die Felder ganzjährig begrünt, statt sie im Winter gepflügt liegen zu lassen. Man kann auch Maisfelder und Obstanlagen mit sogenannten Untersaaten begrünen, so dass immer etwas wächst. Oder man kann Erntereste auf dem Feld liegen lassen.
Das Elegante daran ist: Damit wird nicht nur der Atmosphäre CO2 entzogen, die Böden werden auch fruchtbarer. Sie können mehr Wasser aufnehmen und werden so widerstandsfähiger gegen den Klimawandel.
Jens Leifeld von der Forschungsanstalt Agroscope sagt dazu: Aus Sicht der Bodenfruchtbarkeit sei Humusaufbau immer eine gute Sache. Aus Sicht des Klimaschutzes sei das Potenzial leider begrenzt, zumindest was klassische Methoden wie zum Beispiel Gründüngung angeht.
Das heisst, es ist gut für die Böden, aber es bringt nicht wirklich viel für den Klimaschutz. Warum nicht?
Weil die Ackerböden nicht unbegrenzt Kohlenstoff aufnehmen können. Und vor allem auch, weil der Prozess rückgängig gemacht werden kann.
Wenn der Ackerboden nach zehn Jahren wieder anders bewirtschaftet wird – also keine Begrünung mehr im Winter, tiefes Pflügen oder intensiver Einsatz von Kunstdünger – dann zersetzt sich der organische Anteil wieder. Der Humusanteil sinkt, es setzt sich CO2 frei. Das passiert bis jetzt in den meisten Ackerböden der Schweiz.
Die Böden in der Schweiz geben viel mehr CO2 ab, als sie aufgenommen haben?
Bisher ist das so. In den letzten Jahrzehnten wurde im Mittelland viel Wiesland zu Äckern gemacht. Äcker speichern deutlich weniger Kohlenstoff als Wiesen.
Noch krasser ist es in den landwirtschaftlichen Gebieten, die früher mal Moore waren, zum Beispiel im Berner Seeland oder im St. Galler Rheintal. Dort wird nach wie vor viel organisches Material zersetzt, das sich vorher über Tausende von Jahren eingelagert hat.
Es scheint also, dass der Landwirtschaftsboden zumindest in der Schweiz nicht wirklich geeignet ist als CO2-Speicher?
Man kann sicher nicht über den Boden unser Klimaproblem lösen. Das wäre völlig vermessen. Der Hauptansatz muss bleiben, auf die fossilen Brennstoffe Gas und Erdöl so schnell wie möglich ganz zu verzichten.
Trotzdem werden die Böden als sogenannte Klimasenken in den Klimaberichten auch als notwendig angesehen. Denn es gibt noch eine weitere Methode: Man kann Bio-Kohle in den Boden einbringen.
Was ist das?
Das sind gezielt verkohlte Pflanzenreste. Die sind sehr stabil und bauen sich im Boden nur langsam wieder ab. Diese Kohle wird auf dem Acker ausgebracht und in den Boden gearbeitet. Es gibt bereits einige Bauern, die das so machen.
Wie viel das wirklich bringt, wird gerade wissenschaftlich untersucht. Den Boden als Speicher für CO2 ganz abzuschreiben, wäre also verfrüht. Es ist realistisch, ihn einfach als ein kleines Rädchen anzuschauen, um unsere Klimaprobleme zu lösen. Wir werden viele solche Rädchen brauchen.
Das Gespräch führte Katharina Bochsler.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 8.3.2020, 7:06 Uhr