Zum Inhalt springen
Eine Frau auf einem Schiff im Bayou.
Legende: Louisiana ist für seine stehenden Gewässer, die Bayous, bekannt. Flickr / finchlake2000

Eco Fiction Klimawandel geht auch die Literatur etwas an

Der Klimawandel und die Ölindustrie verändern in Louisiana das Leben der Menschen stark. Der US-Autor Tom Cooper schreibt darüber in seinem Debütroman «Das zerstörte Leben des Wes Trench».

Wenn man Tom Cooper zum Stand des ökologischen Krisenbewusstseins in den USA befragt, reagiert er mit einem ratlosen Schulterzucken. Bei dem Mann im Präsidentenamt sei nicht viel zu hoffen.

Auch die Art und Weise, wie man in den Medien über die sich häufenden Extremwetterereignisse spreche, stimmt ihn pessimistisch: «Es ist doch ziemlich egozentrisch, wenn man diesen Stürmen die Namen von Menschen gibt: Wirbelsturm Irma, Wirbelsturm Harvey. Und dann spricht man so kindisch über ‹ihn› oder ‹sie›: Oh, Harvey weiss nicht, wohin er gehen soll. Oh, Irma wird zickig. Das ist dumm. Es geht um etwas Namenloses, etwas Unberechenbares.»

Buchhinweis

Box aufklappen Box zuklappen

Tom Cooper: «Das zerstörte Leben des Wes Trench». Ullstein, 2016.

Neues Genre: Eco Fiction

Tom Cooper hat selbst grosse Wirbelstürme erlebt. Als Schriftsteller ist er prädestiniert, anders darüber zu sprechen: «Wie ich konkret damit umgehe? Ganz einfach, indem ich in einem realistischen Stil darüber schreibe. Das ist alles, was ich tun kann.»

Bis vor kurzem war der Gegenstand seines Schreibens eher eine Sache von Science-Fiction oder fantastischen Dystopien. In den anglophonen Ländern hat sich jedoch mittlerweile für Romane mit ökokritischen Ansätzen die Bezeichnung Eco Fiction etabliert.

Die Bücher handeln von den Herausforderungen durch die ökologische Situation: Themen wie Umweltzerstörung und Ressourcenverlust in globaler Reichweite, aber auch in lokalen Settings.

Wie geht man den Klimawandel literarisch an?

Tom Cooper schreibt nicht von Thesen ausgehend. Er habe auch kein Rezept, wie man die globale Dimension des Klimawandels literarisch kenntlich machen könne. In «Das zerstörte Leben des Wes Trench» taucht er zunächst in eine lokale Welt ein: Er beschreibt die klassischen Bewohner des Bayou.

Zum Beispiel ist da der Schatzsucher. Ungefähr jeder Vierte behauptet, er habe Piraten im Stammbaum. Dementsprechend mächtig ist die Magie des verborgenen Schatzes, den man nur noch finden muss.

Was die Schatzsucher wirklich finden: Eine Umwelt, die durch die gesunkene Ölbohrplattform Deepwater Horizon und den Sturm Katrina verändert wurde. Mit den antiken Schatzkarten hat das nicht mehr viel zu tun.

Ungewisse Zukunft

Den deutlichsten öko-dramatischen Hintergrund weist im Roman der junge Wes Trench auf, dessen Mutter im Sturm ertrunken ist. Der Fischersohn versucht sich im traditionellen Beruf des Krabben-Fischers. Doch die ökologisch wertvolle Marschlandschaft bietet immer weniger Ressourcen: Sturmfluten und Umweltvergiftung bringen die Natur aus dem Gleichgewicht.

In den meisten Figuren des Romans spiegeln sich Vorbilder aus dem realen Leben wider. Diese «traf» Tom Cooper als Dozent in Louisana auch an:

«Als ich die Studenten kennenlernten, waren viele in der Lage des Wes Trench. Sie kamen aus Familien von Fischern oder Shrimp-Fängern und sahen ihre Zukunft ganz plötzlich nur noch als Fata Morgana vor sich. Die Ressourcen gingen zurück, die Fischerei war nicht mehr tragfähig. Das Bayou konnte den Lebensunterhalt nicht mehr durch seine Ressourcen gewährleisten.»

Kleine Akte reichen nicht

Es wäre sicher interessant zu hören, was diese Studenten sich von einer ökokritisch informierten Literatur versprechen. Tom Cooper sagt von sich selbst und seinem Schreiben:

«Wenn ich Leser in ihrem Herzen berühre oder ihr Bewusstsein erreiche und wenn dies dann zu kleinen Schritten des Handelns führt, ist das gut. Aber kleine Akte des Handelns reichen in dieser Phase nicht mehr aus. Ich denke, wir brauchen einen Paradigmenwechsel.»

Literatur soll sich dem Klimawandel widmen

Damit meint Cooper eine konkrete Umweltpolitik der Nachhaltigkeit. Er hat allerdings wenig Hoffnungen. Vielleicht gibt es etwas mehr Hoffnung für den Roman als Gattung.

Mit dem globalen Thema Klimawandel kann Cooper einmal mehr die universale Bedeutung des Romans beweisen. Die fiktiven Fluten von gestern sind die Realität von heute. Science Fiction wird zu Climate Change Fiction – zur Literatur des Klimawandels.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 18.09.2017, 07.20 Uhr.

Meistgelesene Artikel