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Erderwärmung Stehen wir vor einer Heisszeit?

Eine neue Studie sagt: Die Erde könnte sich weiter stark erwärmen, auch wenn der CO2-Ausstoss massiv sinkt. Wie wahrscheinlich ist das?

Die Warnung klingt dramatisch: Selbst wenn das Pariser Klimaabkommen komplett eingehalten wird, könnte sich die Erde trotzdem langfristig um vier bis fünf Grad erwärmen. Der Meeresspiegel würde dann um 10 bis 60 Meter ansteigen. Das schreiben Forscher in einer neuen Studie. Doch wie wahrscheinlich ist das?

Machen wir ein Gedankenexperiment: Was passiert, wenn im hohen Norden die riesigen Permafrostgebiete immer weiter auftauen? Dann könnten immer mehr CO2 und Methangas aus dem Boden aufsteigen, weil der Tauprozess im Boden gespeicherten Kohlenstoff freisetzt.

Thomas Häusler

Wissenschaftsredaktor

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Thomas Häusler ist Wissenschaftsredaktor bei SRF. Er hat in Biologie doktoriert und eine Weiterbildung in Wassermanagement an der Uni Genf absolviert. Seit 2013 ist er Leiter der Wissenschaftsredaktion.

Nach und nach könnten so viel Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen, dass die Temperatur der Erde noch schneller ansteigt, der Permafrost noch schneller taut – und das System Permafrost kippt.

Verschiedene Kipp-Elemente

Solche so genannte Kipp-Elemente gibt es viele auf dem Globus. Wird es zu warm, könnte zum Beispiel der Amazonasregenwald zur Savanne werden. Die absterbende Waldvegetation würde dann grosse Mengen CO2 in die Atmosphäre entlassen.

Schlimmstes Szenario bei Domino-Effekt

Ein alarmierendes Szenario, das ein internationales Forscherteam im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) ausmalt, gründet auf solchen Kipp-Elementen.

Damit es zum Schlimmsten kommt – vier bis fünf Grad Erwärmung und 10 bis 60 Meter Anstieg des Meeresspiegels – obwohl die Menschheit ihren CO2-Austoss drastisch reduziert, dafür müssen allerdings mehrere solche Kipp-Elemente kippen – eins nach dem anderen, wie Dominosteine.

Führen wir unser Beispiel weiter: Das hiesse dann, der tauende Permafrost treibt die Erdtemperatur so weit nach oben, dass schliesslich auch der Amazonaswald kippt und zur Savanne wird. So wird noch mehr CO2 frei, die Temperatur steigt weiter – und so weiter.

Blick aufs Ganze

Solche Überlegungen machen sich Klimaforscher seit Jahren. Die Szenarien sind bekannt. In der neuen Arbeit verknüpft das internationale Forscherteam die verschiedenen Kipp-Elemente und betrachtet sie als Ganzes.

Das ist ein wichtiger Ansatz. Aber auf zwei drängende Frage kann auch das Forscherteam keine Antwort geben: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Dominostein nach dem anderen fällt – ein Kipp-Element nach dem anderen kippt? Und bei welcher Erwärmung würde das passieren?

Pariser Klimaziele in weiter Ferne

Für eine Antwort braucht es noch sehr viel Forschungsarbeit. Aber jetzt schon klar ist: Momentan tut die Menschheit sowieso viel zu wenig, um das CO2 zu reduzieren. Wir sind sogar noch weit davon entfernt, das Pariser Abkommen umzusetzen.

Auch ohne dass ein einzelnes Kipp-Element kippt, sind wir auf dem Weg zu einer Erwärmung von plus 3.4 Grad. Wie sich das anfühlen wird, spüren wir gerade ein bisschen in diesen heissen Tagen.

Sendung: Radio SRF 4 News, Info 3, 7.8.2018, 12 Uhr

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