Für Stefan Stevanovic ist klar: «Je mehr Bäume in der Stadt, desto besser. Es gibt keine bessere Möglichkeit, die Städte zu kühlen.» Sein Kollege Alain Bertschy ergänzt: «Man muss sicher anschauen, welcher Baum wohin passt – und ihn dann auch gut pflegen.»
Stevanovic und Bertschy forschen beide an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW zu Stadtbäumen. Verteilt auf dem Campus in Wädenswil stehen verschiedene Baumarten, die sich grundsätzlich für die immer heisseren Städte eignen. Das heisst, sie ertragen Hitze einigermassen gut und kommen auch mit Starkregen zurecht.
Problemzone Boden
Eine besondere Herausforderung für Stadtbäume sei der Untergrund. «Richtig angelegt und gepflegt mangelt es den Stadtbäumen nicht an Wasser», sagt Alain Bertschy. «Limitierend ist oftmals eher die Luft in den verdichteten Böden.» Gebäude, schwere Fahrzeuge, Bauaktivität – das alles verdichtet die Böden in der Stadt. Die Wurzeln der Bäume können darin oft nicht weit genug wachsen.
Fünf Meter rund um den Stamm herum und gut einen Meter in die Tiefe – 36 Kubikmeter Wurzelraum empfehlen Forscher und Praktikerinnen heute. Doch dieser Platz ist rar in der Stadt. Die beiden Forscher haben darum einen neuen Bodenaufbau entwickelt. In diesen Boden gepflanzt sollen Bäume sich den nötigen Platz auch unter Strassen und Trottoirs nehmen können. Ein Versuch mit Ulmen zeigt vielversprechende erste Resultate.
Ortswechsel in den Norden Zürichs: Auch hier stehen auf einem Quartierplatz einige Bäume. Im Boden verborgen sind Becken, die Wasser speichern, und Leitungen, die es zu den Baumgruben leiten. «Solche Leitungen sind sehr typisch für die Schwammstadt», sagt Lauren Cook vom Wasserforschungsinstitut Eawag. Um das Wasser von einem zum anderen Ort zu leiten, weil es nicht überall grün sein könne, es auch versiegelte Flächen brauche.
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Bild 1 von 8. Die feinen, gefiederten Blätter einer Esche erleichtern die Luftzirkulation. Bildquelle: Cathrin Caprez.
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Bild 2 von 8. Die dicke Borke dieser Ulme schützt den Baum vor der intensiven Sonneneinstrahlung. Auch Stauden und Sträucher am Stammfuss sind ein wichtiger Schutz für einen Baum. Bildquelle: Cathrin Caprez.
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Bild 3 von 8. Die beiden Baumforscher Alain Bertschy (links) und Stefan Stevanovic inmitten von “Zukunftsbäumen” auf dem Campus der ZHAW in Wädenswil. Bildquelle: Cathrin Caprez.
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Bild 4 von 8. Die verschiedenen Zutaten für den Aufbau eines Bodensubstrates, wo Stadtbäume neu hineingepflanzt werden können. Bildquelle: Cathrin Caprez.
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Bild 5 von 8. Begrünte Versickerungsmulde in Zürich Leutschenbach. Das Wasser steht noch, da es in den zwei Tagen davor viel geregnet hat. Über Leitungen im Boden wird hier das Regenwasser von den umliegenden Dächern gesammelt. Bildquelle: Felicitas Erzinger.
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Bild 6 von 8. In Trockenzeiten sind diese Bäume durch Wasser versorgt, das in unterirdischen Becken gespeichert ist. Von oben sieht man von all dem nichts – ein unauffälliger Schwamm. Bildquelle: Felicitas Erzinger.
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Bild 7 von 8. Der künstliche Teich im Glattpark ist etwa 40 auf 550 Meter gross. Das Wasser darin stammt von den umliegenden Dächern. Weil der Boden darunter lehmig ist, versickert es nicht, sondern bleibt stehen. Wenn es verdunstet, kühlt das die Umgebung. Bildquelle: Felicitas Erzinger.
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Bild 8 von 8. Auf diesem Parkplatz wechseln sich Streifen aus Steinen und Gras ab. Darunter ist ein sandiger Boden, damit das Wasser besser versickern kann. Bildquelle: Felicitas Erzinger.
So leiten Rohre etwa auch Regenwasser von Dächern in künstliche Teiche. Das Wasser, das sich darin sammelt, verdunstet langsam und kühlt so die Umgebung. In einem anderen Fall landet das Dachwasser in einer Versickerungsmulde. Solche Mulden funktionierten als Puffer, um bei starken Regenfällen zu verhindern, dass die Kläranlagen überlastet werden, sagt Cook.
Doch bei extremen Regenfällen, wie sie alle 100 Jahre vorkommen, stösst dieses Puffersystem an seine Grenzen. Eine andere Herausforderung: Versickert zu viel Wasser, kann das den Grundwasserspiegel anheben und zu Überschwemmungen führen.
Zudem wisse die Forschung erst sehr wenig über gelöste, langlebige Schadstoffe. Ob sie ins Grundwasser gelangen und ob sie da dann ein Problem sind. Trotzdem ist die Forscherin zuversichtlich: «Es ist kompliziert, aber wir schaffen das».