Samstagabend ging mit Verspätung die UNO-Klimakonferenz in Kattowitz zu Ende. Die rund 200 Staaten haben sich nach gewohnt schwierigen Verhandlungen auf ein Paket an Beschlüssen geeinigt. Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler hat die Verhandlungen vor Ort verfolgt.
Was sind die wichtigsten Punkte dieser Beschlüsse?
Im Zentrum steht das Regelbuch für das Pariser Abkommen. Das Regelwerk setzt dieses Abkommen im Alltag um. Es schreibt vor, wie die Staaten angeben müssen, wie viel Treibhausgase sie einsparen und wie gut ihnen das dann gelungen ist.
Diese Regeln sind nun griffig geworden. Das ist ein Erfolg, weil man jetzt besser verfolgen kann, ob der Klimaschutz tatsächlich greift.
Nun haben sich die Staaten auf einen Teil dieser Regeln nicht einigen können, und zwar jene für die CO2-Reduktion im Ausland. Warum keine Einigung in diesem Punkt?
Weil Brasilien nur sehr schwache Regeln akzeptieren wollte. Dies hätte Missbrauch Tür und Tor geöffnet und dem Klima geschadet.
Es müssen sich alle Länder ein Stück aus ihrer Komfortzone bewegen.
Bei solchen CO2-Reduktionen im Ausland bezahlt zum Beispiel die Schweiz ein Solarenergie-Projekt in Afrika und lässt sich das so vermiedene CO2 gutschreiben.
An sich ist das ein nützliches Instrument, weil ärmere Länder dadurch mehr Klimaschutz betreiben können. Brasilien aber wollte Regeln durchdrücken, die es beiden Ländern erlaubt hätten, sich die Reduktion gutzuschreiben.
Genau diese Regelung wäre aber für die Schweiz zentral, schliesslich ist es Teil der Schweizer Klimapolitik, im Ausland CO2 zu reduzieren. Die Schweiz ist also auf harte Transparenz-Regeln angewiesen. Was heisst das nun, dass genau diese ausgeklammert werden?
Für die Schweiz ist das ein Problem, weil dieses wichtige Instrument ihrer Klimapolitik nun erst einmal in der Luft hängt.
Bundesrätin Doris Leuthard sprach von roten Linien, die nicht überschritten werden sollten. Diese internationalen Regeln wären eine solche rote Linie gewesen. Warum hat die Schweiz die Beschlüsse von Kattowitz trotzdem mitgetragen?
Die Verhandlungen waren komplex, das verabschiedete Regelwerk umfasst etwa 150 Seiten. Da müssen sich alle Länder ein Stück aus der Komfortzone bewegen.
Es braucht nun den politischen Willen, mehr zu tun.
Der Schweizer Delegationsleiter hat mir gesagt, man könne zustimmen, weil das Regelwerk trotzdem noch einen grundsätzlichen Artikel zur CO2-Reduktion im Ausland enthält.
An diesem hält sich die Schweiz nun erstmal fest – und hofft, dass bei den Verhandlungen nächstes Jahr die vollständigen, strengen Regeln für den Emissionshandel durchkommen.
Ob dies mit der neuen brasilianischen Regierung allerdings möglich ist, wird man sehen. Die neue Regierung hat ja Zweifel am Klimawandel und am Pariser Abkommen geäussert.
Das eigentliche Ziel vom Pariser Abkommen ist, dass sich die Erde weniger als 2 Grad erwärmt, wenn möglich sogar nicht mehr als 1,5 Grad. Kann dieses Ziel mit diesem Regelwerk erreicht werden?
Nein. Es ist ein wichtiger Faktor, aber allein reicht es nicht. Am wichtigsten wäre jetzt, dass alle Länder nun schnell ihren CO2-Ausstoss reduzieren – und davon kann momentan nicht die Rede sein.
Momentan steuert die Welt auf eine Erwärmung von plus 3 Grad und mehr zu. Es braucht nun vor allem den politischen Willen, mehr zu tun.
Das Pariser Abkommen sieht vor, dass die Länder bis 2020 ihre Klimaziele für 2030 nachbessern sollten. Das Beschlusspaket von Kattowitz ruft die Länder dazu nun noch einmal auf, aber rechtlich bindend ist das nicht.
Manche haben schon Schritte in diese Richtung angekündigt, die EU zum Beispiel. Aber wie viel dabei global herausschauen wird, das muss man sehen.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.