Verschneite Skipisten werden immer seltener werden. Hochwasser wird normal sein, das Wasser für Äcker und Felder in trockenen Sommern immer häufiger knapp werden. So prognostizieren es Klimaforscher.
Was das für uns im Alltag heisst, ist schwer vorstellbar. Genau dieses Gedankenexperiment wagt die Ausstellung «Wasser unser» im Alpinen Museum in Bern. Dafür haben die Schriftstellerinnen Katja Brunner, Gianna Molinari und Renata Burckhardt fiktive Personen geschaffen, die aus ihrem Alltag im Jahr 2051 erzählen.
Fiktion und Forschung
Auf Kopfhörern schimpfen diese über Dauerregen, preisen ein Ferienparadies mit echtem Schnee an oder klagen über einen Chip, der den Wasserverbrauch jedes Einzelnen penibel überwacht.
Auf den ersten Blick klingen solche Texte überspitzt und unwahrscheinlich. Doch die Ausstellung basiert auf wissenschaftlichen Prognosen. Grundlage dafür war ein Bericht zu den Auswirkungen der Klimaerwärmung auf das Wasser in der Schweiz.
«Ab 2060 fehlt der Schnee zum Skifahren»
Rolf Weingartner, der an der Ausstellung und am Forschungsbericht mitgearbeitet hat, erklärt: «Es gibt Szenarien, die zeigen, dass zum Beispiel Skisport ab den 2060er-Jahren sehr schwierig sein wird, weil schlicht der Schnee fehlt.»
Diese Erkenntnisse für eine breite Bevölkerung so aufzubereiten, dass das Ausmass der Veränderungen klar werde, sei keine leichte Aufgabe. Den ungewöhnlichen Ansatz der Ausstellungsmacher, Literatur mit Wissenschaft zu paaren, schätzt Rolf Weingartner deshalb sehr.
Fruchtbare Verbindung
Die Autorin Ruth Schweikert, die ebenfalls am Konzept mitgearbeitet hat, ist überzeugt, dass diese Idee neue Impulse geben kann: «Literatur bricht Erkenntnisse auf die Erfahrungen eines Einzelnen herunter. Etwas, das Wissenschaft so nicht kann.»
Erkenntnisse herunterbrechen – das versucht die Ausstellung auch durch Video-Botschaften von Forscherinnen und Forschern: Darin wenden sie sich direkt an die Besucher, erklären aktuelle Prognosen auf einfache Art – und verleihen ihnen so besonderen Nachdruck.
Geschichten schlagen Statistiken
Das Potential aufzurütteln und ein Publikum zu erreichen, welches sich sonst nicht für den Klimawandel und seine Folgen interessiert, hat die Ausstellung allemal.
Die literarischen Texte, welche in der Ausstellung gezeigt werden, entfalten ihre Kraft aber nicht immer: Dort, wo die Geschichten zu weit von den Fakten abweichen und in futuristische Details, wie Wasser-Chips oder Schmuggler für Schwarzwasser abdriften, verlieren sie ihre Wirkung.
Jene Geschichten die plausibel wirken, schaffen es aber, die volle Kraft der Fiktion zu entfalten: Sie berühren den Besucher und hinterlassen einen Eindruck, der länger haften bleibt als jede Statistik.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 31.10.2016, 07:20 Uhr