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Nobelpreis für Chemie Diese Molekül-Designer machen unsere Medikamente sicherer

Benjamin List und David MacMillan erhalten für ihre Entdeckung eines umweltfreundlichen organischen Katalysators den Chemie-Nobelpreis.

«Es schmeckt leicht süss», sagt der Chemiker Benjamin List über Prolin. Dank dieser Aminosäure macht er vor über 20 Jahren eine Entdeckung, die ihm heute den Nobelpreis einbringt: die asymmetrische Organokatalyse.

Ein chemisches Werkzeug, um organische Moleküle schneller und einfacher herzustellen. Ein Tool, das es leichter macht, Medikamente zu produzieren.

Benjamin List

Chemiker

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Der deutsche Chemiker wurde 1968 in Frankfurt/M in Deutschland geboren und doktorierte an der dortigen Goethe-Universität. Heute leitet er das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim an der Ruhr.

Neben Benjamin List erhält auch der amerikanische Chemiker David McMillan den Nobelpreis. «Beide waren Visionäre», sagt Chemieprofessor Karl Gademann von der Universität Zürich. Unabhängig voneinander und schon mit 32 Jahren entdeckten die Forscher das Potenzial von organischen Molekülen für einen umweltfreundlichen Katalysator.

David MacMillan

Chemiker

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Er wurde 1968 in Schottland geboren und lebt heute in den USA. Der Chemiker doktorierte an der University of California und ist heute Professor an der Princeton University.

Die Natur zum Vorbild

«Es ist ein grosses Geschenk, dass die Natur diese Moleküle für uns bereithält», sagt Chemiker List bei der Bekanntgabe des Nobelpreises. Stickstoff, Schwefel, Sauerstoff oder Phosphor reichen für sein Werkzeug, die asymmetrische Organokatalyse.

Lists und MacMillans Entdeckung ist effizienter als bislang bekannte Katalysatoren, für die oft Enzyme oder metallhaltige Stoffe nötig sind. Und sie ist umweltfreundlicher: Sie braucht weniger chemische Schritte als andere Verfahren und verursacht so weniger Emissionen.

Was sind Katalysatoren?

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Auf dem Bild ist ein Autokatalysator zu sehen.
Legende: Der wohl berühmteste seiner Art – der Abgaskatalysator für Autos. Keystone

Katalysatoren sind Stoffe, die eine chemische Reaktion beschleunigen oder überhaupt erst ermöglichen. Die Stoffe werden dabei nicht verbraucht.

Einfaches Beispiel: Die Abgas-Katalysatoren bei Autos. Sie wandeln Schadstoffe wie Stickstoff oder Kohlenstoffmonoxid in harmlosere Verbindungen um. Auch in unserem Körper gibt es Katalysatoren, sogenannte Enzyme.

Auf das richtige Spiegelbild kommt es an

Besonders für die Herstellung von Medikamenten ist die Entdeckung entscheidend. Denn viele Moleküle haben eine Besonderheit: Sie kommen doppelt vor. Wie unsere Hände sind sie identisch, aber spiegelverkehrt.

Ein Beispiel ist das Molekül Limonen: Es kommt spiegelverkehrt in Zitronen und Orangen vor: Schon am Geruch erkennen wir, welche Variante des Moleküls in der Frucht steckt.

Auf dem Bild sind Medikamente zu sehen.
Legende: Die Katalyse-Methode von List und MacMillan nutzen Pharmafirmen, um Medikamente effizienter zu produzieren: wie das Antidepressivum Paroxetin oder das Grippemedikament Tamiflu. Keystone

Chance für neue Medikamente

In der Pharmazie kann dieser kleine Unterschied fatale Folgen haben, denn der Körper reagiert anders auf die beiden Spiegelbilder der Moleküle. Der Contergan-Skandal zeigte als erstes: Spiegelbild-Moleküle können verschiedene biologische Aktivität haben, erklärt Chemieprofessor Gademann.

Der Contergan-Skandal

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Anfang der 1960erJahre kamen v.a. in Deutschland viele Kinder mit verkürzten oder fehlenden Gliedmassen zur Welt. Der Grund: Ihre Mütter hatten in der Schwangerschaft das Schlafmittel Contergan eingenommen.

Bei der Entwicklung des Medikamentes wurde nur die ungefährliche Variante eines Moleküls getestet. Das Medikament enthielt aber beide Varianten und war somit verunreinigt – mit verheerenden Folgen.

«Seither versucht man, Medikamente möglichst nur als eine Form auf den Markt zu bringen», sagt Gademann von der Universität Zürich, «damit man ungewünschte Eigenschaften ausschliessen kann.»

Die von den Nobelpreisträgern entwickelten Katalysatoren helfen bei der Medikamentenherstellung, genau das Molekül zu bilden, auf das der Körper positiv reagiert. Damit werden heute HIV-Medikamente, Antidepressiva oder Antibiotika präzise und sicher hergestellt.

Am Anfang stand ein Aromat

Dass die Erfolgsgeschichte mit dem harmlosen Molekül Prolin anfing, das hat Benjamin List nicht vergessen. Bei der Bekanntgabe des Chemie-Nobelpreises erinnert er sich an die Kostprobe vor 20 Jahren, als er den Stoff Prolin selbst probierte.

Am Telefon erzählt er: Prolin sei völlig ungefährlich für den Körper. «Manche nutzen es sogar als Aromat.» Ihm hat seine Neugier als unerwartete Nebenwirkung zum Schluss den Chemie-Nobelpreis eingebracht.

Tagesschau, 06.10.2021, 12:45 Uhr

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