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E-Cargobikes: voll im Trend
Aus Kultur Extras vom 13.06.2017.
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Bitte umsatteln Mein E-Bike ist ein Lieferwagen

Weniger Autos, weniger Abgase: E-Cargobikes können unsere Städte entlasten, wenn mehr KMU sie benutzen. So wie in Bern.

  • Das Projekt «Mir sattlä um» aus Bern will KMU dazu bringen, ihre Lieferwagen durch E-Cargobikes zu ersetzen.
  • Das Ziel: weniger Verkehr und weniger Abgase in der Innenstadt.
  • 2016 haben neun Berner Unternehmer E-Cargobikes getestet. Das Ergebnis: 70 Prozent der Fahrten haben sie mit dem E-Bike statt mit dem Auto gemacht.
  • In Deutschland startet bald ein ähnliches Projekt, das 150 E-Cargobikes an Gewerbetreibende verleihen wird.

Patrick Bohnenblust liefert seine Brote und Croissants seit einem Jahr nur noch mit dem E-Cargobike aus. Sein Lieferauto steht zuhause und kommt nur noch in Ausnahmefällen zum Einsatz.

Der Bäcker Patrick Bohnenplust auf seinem eletrischen Cargobike
Legende: Schnell, flexibel und gleich noch klimaneutral: Patrick Bohnenblust fährt seine Brote mit dem E-Cargobike aus. SRF

Der Bäcker liegt damit voll im Trend. Denn Lastenvelos mit Elektromotor erobern unsere Städte. Eltern transportieren ihre Kinder darin, andere ihre Einkäufe – und mittlerweile auch manche Händler ihre Ware.

Keine Zeit mehr vergeuden

Wie sinnvoll das ist, wird klar, wenn man Bäcker Bohnenblust und sein E-Lastenvelo auf der morgendlichen Liefertour durch die Berner Altstadt begleitet, wo er sein Ladenlokal hat. «Früher habe ich enorm viel Zeit mit der Parkplatzsuche vergeudet», erzählt er. «Ich stand ständig im Lieferantenstau und musste Umwege fahren, um in der verwinkelten Innenstadt zu meinen Kunden zu kommen.»

Mit dem Velo ist nun alles anders: keine Parkplatzsuche, keine Staus, direkte Wege. Mindestens 20 Minuten Zeit gewinnt er jeden Tag, schätzt Bohnenblust. Ausserdem fallen die Benzinkosten weg und die Gebühren für Park- und Durchfahrtbewilligungen. Der Bäcker ist zufrieden.

Weniger Verkehr und Abgase

Auch Peter Schild von der Fachstelle für Mobilitätsberatung der Stadt Bern freut sich, denn er hat Patrick Bohnenblust zu seinem Cargobike verholfen. Peter Schild leitet das Pilotprojekt «Mir sattlä um», das Gewerbetreibende dazu bringen möchte, vom Auto aufs Velo umzusteigen. Ihm geht es dabei um die Zukunft unserer Städte.

Denn die E-Cargobikes entlasten den ständig wachsenden Verkehr und blasen keine Abgase in die Luft. Gleichzeitig können sie mehr Lasten tragen als ein normales Velo – je nach Modell bis zu 300 Kilogramm.

70 Prozent weniger Autofahrten

Sein Projekt «Mir sattlä um» stellte im Sommer 2016 neun ganz unterschiedlichen Betrieben in der Berner Innenstadt ein E-Cargobike zur Verfügung. Sechs Monate durften sie es testen. Neben zwei Bäckern waren etwa eine Kita mit dabei, ein Café und ein Elektroinstallateur. Jedes Velo wurde an ihre speziellen Bedürfnisse angepasst.

Selbst ausprobieren

Box aufklappen Box zuklappen

Auf der Sharing-Plattform «Carvelo2go» kann man E-Cargobikes stundenweise mieten. Filialen gibt es unter anderem in Bern, Basel, Zürich, Luzern.

Wer verschiedene Lastenvelos testen möchte, kann das am 17. und 18. Juni auf der E-Cargobike Expo in der Umweltarena in Spreitenbach tun.

Das Fazit wurde in einer Studie zusammengefasst und hat Vorzeigecharakter: Drei von vier Fahrten erledigten die Betriebe nun mit dem neuen Lastenvelo statt wie bisher mit dem Firmenwagen. Nur für längere Wege kam er noch zum Einsatz, oder wenn die Ware besonders schwer war. Bei Strecken unter 7 Kilometern und Lasten bis zu 60 Kilogramm traten die Unternehmer oder ihre Mitarbeiter lieber in die Pedale.

Dadurch wurden immerhin 600 Kilogramm CO2 in den sechs Monaten eingespart, hat Peter Schild berechnet. Das entspricht in etwa einer Autofahrt von Bern nach Moskau.

Das Velo ist ein Markenzeichen

Schild nennt das einen willkommenen Nebeneffekt, denn für die Unternehmen sei nicht alleine der ökologische Gedanke ausschlaggebend gewesen, um aufs Lastenvelo umzusatteln. Viel wichtiger seien die wirtschaftlichen Überlegungen gewesen: Das Velo spart enorm viel Zeit und ist viel günstiger als ein Auto. Ausserdem verleiht es ein Image als innovatives und verantwortungsvolles Unternehmen.

Ach, das ist der Beck mit dem Velo!

Wenn Bäcker Bohnenblust durch die Strassen kurvt, wird ihm oft nachgeschaut und Touristen fotografieren ihn gerne. Häufig heisst es «Ach, das ist der Beck mit dem Velo!». Das Lastenrad mit der auffälligen Box ist zu seinem Markenzeichen geworden.

Bern ist Vorreiter

Was in Bern geschieht, wird auch von Verkehrsforscher Johannes Gruber vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR, verfolgt. «Für Kommunen ist das ein empfehlenswertes Beispiel, weil die Gewerbetreibenden Lastenvelos testen und erleben können», sagt er. Seiner Erfahrung nach können solche Projekte die Hemmungen abbauen, ein E-Cargobike zu nutzen.

Das DLR startet im Juli ein ähnliches Projekt, aber im grösseren Stil: 150 motorisierte Cargobikes werden dann für je drei Monate an Gewerbetreibende verliehen. 500 bis 1000 Betriebe sollen dadurch in den nächsten zwei Jahren mit einem E-Lastenvelo in Berührung kommen.

Grosses Potenzial

Gruber und seine Kollegen haben im Vorfeld ausgerechnet, dass in Deutschland 8 Prozent und langfristig 23 Prozent aller Lieferfahrten in Städten mit dem Cargobike gemacht werden könnten. «Mit den Velos kann man alles transportieren», sagt Gruber, «Waren, Blutproben, Einkäufe, Flyer». Und der anziehende Online-Handel mache die Sache noch spannender. Je mehr wir online bestellen, desto mehr muss geliefert werden.

Ein DHL-Kurierfahrer ist mit einem Cargobike unterwegs.
Legende: Auch Post- und Kurierdienste haben immer mehr E-Lastenvelos im Einsatz. Keystone

Bei Kurierdiensten werden die Lastenvelos deshalb immer beliebter, selbst grosse Logistikunternehmen haben ihre Vorteile entdeckt. Nun sollen Einzelhändler aus anderen Branchen nachziehen.

Es geht in die nächste Runde

Das Projekt aus Bern zeigt, dass das klappen kann. Fünf der neun Teilnehmer von «Mir sattlä um» haben das E-Cargobike nach den sechs Testmonaten zu einem reduzierten Preis gekauft. Auch Patrick Bohnenblust. Ab dem 3. Juli wird das Projekt wiederholt, aus finanziellen Gründen beschränkt auf zehn Velos und zehn Betriebe. Diesmal jedoch für ein ganzes Jahr, damit die Unternehmer es auch im Winter testen.

Bäcker Bohnenblust hat seinen ersten Winter bereits hinter sich und ist noch immer begeistert. Sein Cargobike will er nicht mehr hergeben. Er überlegt aber, es zukünftig auch den Geschäften in seiner Nachbarschaft zur Verfügung zu stellen, wenn er es nicht braucht. Dem Buchhändler zum Beispiel oder der Floristin. Vielleicht satteln sie demnächst auch um.

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