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Benzin vom Dach
Aus Wissenschaftsmagazin vom 01.12.2018.
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E-Autos und Photovoltaik Lohnt sich die Tankstelle auf dem Hausdach?

Elektrofahrzeuge könnten Hausbesitzern helfen, stärker von ihren Solaranlagen zu profitieren. Lohnt sich das wirklich?

Private Besitzer von Photovoltaikanlagen haben ein Problem: Für Strom, den sie aus ihrer Anlage ins öffentliche Netz einspeisen, kriegen sie immer weniger Geld.

Meist ist es nicht einmal mehr die Hälfte von dem, was sie bezahlen, wenn sie selber Strom aus dem öffentlichen Netz beziehen.

Das heisst: Eigentlich müssten sie am besten genau so viel Strom verbrauchen, wie sie selber gerade produzieren, sonst lohnt sich ihre Anlage – aus finanzieller Sicht – kaum mehr.

Wer an sonnigen Tagen zu viel Strom einspeist, schaut ein.

Batterien sind keine Lösung

Urs Muntwyler, Solarpionier und Professor für Photovoltaik an der Fachhochschule Bern (FHB), kennt dieses Problem. Es beschäftige viele Solaranlagenbesitzer und war deshalb auch ein Thema am Symposium Energiespeicherung Schweiz, das die FHB vergangene Woche organisiert hat.

Wer mit dem Strom, den er produziert, wenig verdient, hat laut Muntwyler zwei Optionen: «Mehr Strom zu verbrauchen oder den Strom selber zu speichern.»

Immer mehr Solaranlagenbesitzer setzen deshalb auf Zwischenspeicher, also eine eigene Batterie im Keller. Die Experten an der FHB-Fachtagung sind sich aber einig: Für die Solardach-Besitzer lohnt sich das weder finanziell noch ist es ökologisch sinnvoll.

Was spricht für Elektroautos – und was dagegen

Eine mögliche Lösung für dieses Problem bieten Elektroautos: Sie helfen dabei, Strom aus eigener Produktion zu verbrauchen. «Ich kann ein vierplätziges Fahrzeug mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis kaufen», sagt Muntwyler.

Ganz so günstig ist so ein Fahrzeug allerdings nicht: Ein Mittelklasse-Elektrofahrzeug kostet heute zwischen 20’000 und 40’000 Franken. Ein Tesla sogar doppelt so viel.

Elektro-Autos sind in der Anschaffung also immer noch etwa ein Drittel teurer als neue Autos mit Verbrennungsmotor.

Das weiss auch Muntwyler. Er sagt aber: «Bei einem Auto sind auch die Betriebskosten relevant. Die Elektrofahrzeuge sind da deutlich besser.»

Mit günstigem Strom aus eigener Produktion und weniger Reparaturen näheren sich die Preise für ein Elektrofahrzeug also nach einigen Jahren den Benzinern an.

Menschen, die ihr Auto mit Strom vom eigenen Dach laden wollen, stellt sich allerdings ein weiteres Problem in den Weg: Tagsüber stehen die meisten Autos nicht zuhause, sondern am Arbeitsplatz.

Wenn die Sonne scheint und die Anlage eigentlich genug produziert, um ein Elektrofahrzeug zu tanken, sind die Autos in vielen Fällen gar nicht da.

Auch das stimme, sagt Muntwyler, aber bei neuen Elektro-Autos sei das kein Problem: «Die Batterien sind derart gross, dass man das Auto beispielsweise auch nur am Samstag oder am Sonntag laden könnte.»

Die Meisten fahren mit dem Auto nur rund 30 Kilometer pro Tag. Da reiche eine Ladung pro Woche.

Ein Tesla Modell 3.
Legende: Sexy aber nicht besonders effizient: Ein Tesla Modell 3. Keystone

Ein weiteres Problem ist der Winter. Wenn die Sonneneinstrahlung auf die Erde weniger stark ist, reicht der Strom vom Dach nicht zum Tanken. Dann müsse man den Strom anderweitig beziehen, sagt der Solarprofessor.

Dass eine Anlage von Frühling bis Herbst allerdings reiche, um ein Elektrofahrzeug zu versorgen, zeige das Beispiel der Fachhochschule Bern: Eine Photovoltaikanlage versorge dort mehrere Autos mit Strom.

«Das ist nichts anderes als gespeichertes Benzin für 30 Jahre. Elektromobil fahren mit Solarstrom ist nicht teuer. Man kann da viel Geld sparen», sagt Muntwyler.

Und was kostet der Spass?

Klar ist: Als Solarpionier zeichnet Muntwyler ein sehr positives Bild der Lage. Die Kombination von Elektroauto und eigenem Strom vom Dach ist aber heute auch für Laien keine Hexerei mehr.

Die Kosten für eine Photovoltaikanlage auf dem Einfamilienhausdach liegen bei ungefähr 15’000 Franken. Förderbeitrag inklusive.

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