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Zu Fuss ins Geothermie-Forschungslabor im Bedrettotal
Aus Wissenschaftsmagazin vom 18.05.2019. Bild: Keystone
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Geothermie-Forschung Das Labor tief unter den Schweizer Alpen

Zuhinterst im Bedrettotal versuchen Forscher, die Auswirkungen von Geothermie-Bohrungen besser zu verstehen.

Der Eingang zum Felslabor liegt unscheinbar am Ende einer Kiesgrube. Ein ganz spezieller Arbeitsort. Ausgerüstet mit Helm, Schutzkleidung und Taschenlampe betritt man einen ehemaligen Seitenstollen des Furka-Basis-Tunnels.

Nach zwei Kilometern Fussmarsch erreicht man schliesslich das Felslabor der ETH Zürich – eine etwa 100 Meter lange und 10 Meter breite Nische. Darin wird später ein Bau-Container aufgestellt, der zum Büro der Forscher werden wird.

Ein mit Neonröhren ausgeleuchteter Stollen im Fels.
Legende: Das unterirdische Forschungslabor im Bedrettotal – etwa 2 Kilometer tief im Innern des Bergs. Keystone

1500 Meter unter der Erde

Das Labor im Bedrettotal sei ideal, um tiefe Erdwärme-Forschung zu betreiben, erklärt Geophysiker Marian Hertrich, Leiter des Felslabors. Einerseits, weil es sich beim vorherrschenden Gestein um Granit handle – dem Gestein, das in Europa am meisten vorkommt.

Andererseits, weil dieser Tunnelstollen 1500 Meter tief unter der Erde liege. So tief müsste man in der Schweiz mindestens bohren, um lohnend viel Wärmeenergie zu gewinnen. Der Stollen ist also ein idealer Ort, um künftige Geothermie-Projekte zu testen und zu simulieren.

Zwei Forscher im Tunnel schauen auf einen Laptop.
Legende: Wissenschaftler im Felslabor analysieren die gewonnenen Daten. Keystone

200 Meter tiefe Bohrlöcher

Diese Simulationen laufen folgendermassen ab: Die Forscher bohren zehn Zentimeter grosse Löcher rund 200 Meter tief in den Fels hinein. Es werden jeweils zwei Löcher parallel gebohrt. In eines wird dann unter Hochdruck kaltes Wasser hineingespritzt.

Das Wasser fliesst dann hinab ins wärmere Gestein und kommt schliesslich aus dem Bohrloch daneben als erhitztes Wasser wieder raus. So wird die geothermische Energie aus dem Felsen genützt.

Wie reagiert das Gestein?

In diesen Felslöchern befinden sich hochsensible Sensoren. Sie sind die Herzstücke der Geothermie-Experimente. Die Forscher untersuchen damit, was das hineingespritzte Wasser mit dem Granitgestein macht – Bewegungen oder feine Erschütterungen im Gestein etwa. Sie können so kontrolliert Experimente durchführen und präzise aufzeichnen, wie das Gestein reagiert.

Denn das Gestein reagiert auf den Wasserdruck mit kleinen Erdstössen. Diese sind auch der Grund, warum bisher alle tiefen Geothermieprojekte in der Schweiz abgebrochen werden mussten – zum Beispiel das Projekt «Deep Heat Mining» in Basel.

Verschiedene Bohrkerne.
Legende: Bohrkerne helfen den Wissenschaftlern bei der Gesteinsanalyse. SRF / Karoline Thürkauf

Verstehen, warum Erdstösse entstehen

Die Bedretto-Experimente sollen zeigen, wie stark diese Beben ausfallen. Die Bevölkerung wird davon wohl nichts spüren. «Die Stärke der Erdstösse hängt davon ab, wie viel Wasser man in den Fels injiziert. Wir werden nur relativ kleine Mengen injizieren, um überhaupt zu verstehen, wie diese Erdstösse entstehen», sagt Geophysiker Marian Hertrich.

Er und seine Kollegen und Kolleginnen hoffen, dass sie mit ihrer Forschung die Akzeptanz für die Energie-Gewinnung aus der tiefen Erde vergrössern können. Erdwärme aus geringen Tiefen wird in der Schweiz vielerorts schon genutzt – für die Beheizung von Einfamilienhäusern zum Beispiel.

Messinstrumente im unterirdischen Labor.
Legende: Messinstrumente im unterirdischen Labor. Keystone

Will man aber so viel Wärme aus der Erde holen, damit man daraus Strom gewinnen kann, braucht es tiefe Geothermie-Bohrungen. Diese wird auch in einigen anderen Felslabors im In- und Ausland erforscht. Selten aber seien die von der Natur gegebenen Voraussetzungen so ideal wie im Bedrettotal, sagt der ETH-Forscher.

Hoffnungen in die Energie aus der Tiefe

Das Forschungsprojekt ist auf acht Jahre angelegt. Die bisher bewilligten 24 Millionen Franken kommen von sehr unterschiedlichen Seiten. Die ETH ist daran beteiligt, aber auch EU-Programme, Stiftungen und das Bundesamt für Energie.

Letzteres betont auch, dieses unterirdische Labor im Bedrettostollen sei eine Schlüsselinfrastruktur für die Schweizerische Geothermieforschung. Die Hoffnungen in die Energie aus der Tiefe werden also trotz einigen Rückschlägen so schnell nicht begraben.

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