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Hülsenfrüchte statt Fleisch? Die Zukunft isst pflanzlich

Der hohe Fleischkonsum steht in der Kritik. Weltweit fordern Ernährungswissenschaftler, den Fleischkonsum zu drosseln. Die Menschheit soll gesünder und nachhaltiger essen. Will heissen: mehr Pflanzenkost. Eine sinnvolle und schmackhafte Alternative zu Fleisch sind Hülsenfrüchte.

Doch Linsen, Erbsen, Bohnen und Co, einst auch in Europa ein Grundnahrungsmittel, stehen heute in der Schweiz nur noch bei Vegetariern hoch im Kurs. Ansonsten kommen sie hierzulande nur selten auf den Tisch.

Viel Fleisch, wenig Hülsenfrüchte – das ist die Realität

Im Schnitt konsumiert jeder in der Schweiz pro Woche 770 Gramm Fleisch und nur 35 Gramm Hülsenfrüchte. Nach der Vision der internationalen EAT-Kommission sollten es künftig nur 300 Gramm Fleisch und ganze 525 Gramm Hülsenfrüchte pro Woche sein.

Alexander Mathys, Ernährungswissenschaftler an der ETH Zürich, berechnete mit Schweizer Daten, was eine Umstellung bringen würde: «Wir könnten hier sogar ein Drittel weniger negative Umweltauswirkungen erreichen. Ferner könnte man sogar bis zu einem Drittel sparen.» Denn Hülsenfrüchte kosten wenig und sind sehr ergiebig.

Vollgepackt mit Protein

Kichererbsen und Co sind fettarm, enthalten Kohlenhydrate, Vitamine, Mineralstoffe, auch Eisen, dazu wertvolle Ballaststoffe. Hülsenfrüchte sättigen und sollen sogar das Potenzial haben, das Risiko für Übergewicht, Diabetes und Darmkrebs zu verringern.

Vor allem enthalten sie aber eines: viel Eiweiss. Unverzichtbar, um Knochen und Muskeln aufzubauen. Der Proteingehalt mancher Hülsenfrüchte lässt Fleisch richtiggehend alt aussehen. Während 100 g Rindfleisch 21 g Protein enthalten, sind Linsen und Sojabohnen mit 25 und 38 Gramm wahre Proteinbomben.

Von einem Baustein zu wenig

Aber bedeutet viel Protein auch gleichwertiges Protein? Chemikerin Laura Nystroem forscht über Getreide und andere Lebensmittel. Sie betont, es komme auf die Bausteine der Proteine an, die Aminosäuren. In Hülsenfrüchten sind nicht alle Aminosäuren zu finden. Es fehlt an Methionin.

«Deshalb lohnt es sich, Hülsenfrüchte gemeinsam mit Getreide zu konsumieren», sagt Laura Nystroem. In Mais, Reis, Weizen und anderen Getreiden findet sich die Aminosäure zur Genüge – die Kombination macht's aus. «Dann finde ich, kann Fleisch mit pflanzlichen Lebensmitteln ersetzt werden», sagt Laura Nystroem. Hülsenfrüchte mit Getreide: Das Duo würde es eigentlich erlauben, Fleischproteine sorglos herunterzuschrauben.

Nur: Hülsenfrüchte ersetzen nicht sämtliche wichtigen Fleischkomponenten. Vor allem das Vitamin B12 kommt nur in tierischen Nahrungsmitteln wie Eier, Fleisch, Fisch, Käse vor.

Konservativer Gaumen

Die Essgewohnheiten zu ändern, ist alles andere als einfach. Das untersucht Christina Hartmann an der ETH Zürich: «Der Konsument ist an sich relativ konservativ. Es ist sehr schwierig, neue Lebensmittel in unseren Speiseplan aufzunehmen.»

Denn Essgewohnheiten entwickeln sich über viele Jahre. Das zeigt auch ein Blick in die Geschichte.

Die Geschichte, die zu Maggi führte

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Bereits 1882 stellte sich Fridolin Schuler, Arzt und Fabrikinspektor, der Herausforderung, neue Ernährungsweisen beliebt zu machen. Er schlug Alarm: Die Arbeiterschaft lebe von Kartoffeln, Kaffee, und Alkohol. Ihre Ernährung sei mangelhaft.

Schuler stellte fest: «Es ist namentlich das Fleisch, das der Fabrikarbeiter nur zu oft entbehren muss und das doch am zweckmässigsten den Mangel an Eiweissgehalt in der sonstigen Nahrung decken würde.» Weil sich das Fabrikvolk Fleisch nicht leisten kann, besinnt sich Schuler auf Hülsenfrüchte.

Überzeugt von seiner sozialen Idee, macht sich Schuler an die Lösung der Probleme. Er sucht eine neue Zubereitungsform, und wendet sich an den Müllerei-Unternehmer Julius Maggi. Dieser bekommt den Auftrag, in seiner Fabrik moderne Suppen-Mehle aus Hülsenfrüchten zu entwickeln. Das Maggi-Mehl soll rasch zu kochen sein, gut verdaulich, gehaltvoll, günstig.

Gut gemeint, doch die Proteinmehle aus Bohnen, Erbsen, Linsen floppen beim Konsumenten. Erfolg hat bloss ein Nebenprodukt, die Maggi-Suppenwürze, – als schickes Extra auf betuchten Tischen.

Durchbruch durch Hightech?

Schon seit Jahrzehnten wird an Fleischersatz getüftelt, auch mit Proteinen aus Hülsenfrüchten. Hightech-Produkte aus Soja- und Erbsenprotein suchen inzwischen das direkte Duell mit Fleisch, wollen in Aussehen und Geschmack dem Original gleichkommen. Offen ist, ob die modernen Fleisch-Alternativen aus Pflanzenprotein nicht nur bei Vegetariern Anklang finden, sondern es in alle Schweizer Küchen schaffen.

Die Hürden sind hoch. Viele sehen offenbar keinen Sinn darin, ihr gutes Stück Fleisch für Pflanzenproteine einzutauschen. Fleisch weckt Emotionen. Die Forderung, weniger Fleisch zu essen, stösst auf Abwehr, sie wird als Angriff auf die Lebensqualität empfunden.

Wie Hülsenfrüchte verträglicher werden

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Hülsenfrüchte enthalten unverdauliche Kohlenhydrate (sogeannte Oligosaccharide) und Ballaststoffe, die unverdaut in den Dickdarm gelangen und von Bakterien zersetzt werden. Dadurch entstehen Gase. Den Blähungen kann man durch folgende Massnahmen entgegenwirken:

  • Wahl der Hülsenfrüchte: Etwa Augenbohnen, rote und gelbe Linsen gelten als weniger blähend. Tofu ebenso. Man muss auch individuell ausprobieren.
  • Blähende Stoffe auswaschen: Am besten wäscht man Hülsenfrüchte vor dem Kochen gut, tropft sie ab, und dann brüht man sie kurz mit kochendem Wasser auf. Das Brühwasser giesst man ab. Danach lässt man die Hülsenfrüchte in viel frischem kaltem Wasser über Nacht stehen. Dann kocht man sie in neuem Frischwasser gut weich. Generell gilt: Je grösser die Hülsenfrüchte, desto wichtiger ist das Einweichen und Auswaschen.
  • Dem Kochwasser Lorbeerblätter oder Kräuter beifügen: Beispielsweise Kümmel, Koriander, Thymian, Rosmarin oder Fenchelsamen.
  • Gewöhnungseffekt: Am Anfang ist es empfehlenswert, geringere Mengen zu verzehren. Dann gewöhnt sich der Verdauungsapparat an das Nahrungsmittel.
  • Natron versus Salz: Natron lässt Hülsenfrüchte beim Kochen schneller weich werden, Salz hingegen verlängert die Kochzeit. Daher die Hülsenfrüchte besser erst weich kochen und weich gekocht salzen.

Experiment geglückt

Dass man seine Gewohnheiten nachhaltig ändern kann, wenn man will und motiviert ist, das zeigte ein Experiment: «Puls» brachte 2013 einen überzeugten Fleisch-Fan dazu, vorübergehend vegetarisch zu leben. Der Gesundheit zuliebe. Innert sechs Wochen wollte er damit seine Cholesterin- und Blutdruckwerte senken.

Am Ende blieb Christophe Kläys Cholesterin zwar unverändert, aber vier Kilo schmolzen weg, und der Blutdruck sank. Sein Versuch mit «Puls» beeinflusste seine Essgewohnheit nachhaltig. Auch sechs Jahre später isst er nicht mehr so viel Fleisch wie früher.

Er greift öfter bei Salat, Gemüse und Hülsenfrüchten zu. Für die Hülsenfrüchte muss er sich nicht überwinden. Die ass er bereits in seiner Kindheit zwei Mal pro Woche. Mutters Küche prägt also mit.

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