Wenn es in der Schweiz um Hightech-Textilien geht, um funktionale Kleidung oder um Stoffe mit aussergewöhnlichen Eigenschaften, kommt man am Namen Schöller fast nicht vorbei. Die Firma mit Sitz in Sevelen taucht immer wieder auf, wenn es um Innovationen im Textilbereich geht.
Treibende Kraft im fast 150-jährigen Unternehmen war während Jahren Hans-Jürgen Hübner. Als 20jähriger Textilingenieur kam er zu Schöller und blieb der Firma bis heute treu – 49 Jahre lang. Bis vor einem Jahr leitete er das Unternehmen; nun sitzt er im Verwaltungsrat, betreut aber immer noch Forschung und Entwicklung. Besonders kümmert er sich um Textilanwendungen in der Medizin.
Grosses Potenzial in der Medizin
Gesundheit und Medizin seien Bereiche, zu denen die Textilindustrie sehr viel beitragen könne, sagt Hans-Jürgen Hübner, «Zwei bis drei Quadratmeter Stoff bedecken unseren Körper. Damit kann man etwas Vernünftiges machen». Dafür sucht er die Kooperation vor allem im medizinischen Sektor. «Es gibt kein anderes Land, in welchem Industrie und Hochschulen so gut miteinander reden können wie in der Schweiz», erzählt er, «diese Partnerschaft müssen wir ausnützen».
Einige Entwicklungen hat Schöller bereits auf dem Markt. Zusammen mit der eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) hat das Unternehmen eine Bettwäsche entwickelt, die das Problem des Wundliegens im Krankenbett reduziert. Auch Stoff für Inkontinenz-Unterwäsche ist ein Produkt aus den Schöller-Labors. Unterwäsche und Hosen aus diesem Textil sind bereits auf dem Markt.
Besonders viel erwartet Hans-Jürgen Hübner von «iLoad»: Das ist ein Textil, das individuell mit therapeutisch wirkenden Substanzen beladen werden kann. Vorläufig sind es noch medizinisch eher harmlose Inhalte: zum Beispiel Sport- oder Arbeitsbekleidung mit Mitteln, die das Wohlbefinden verbessern oder die Muskulatur beruhigen sollen. Langfristig soll es möglich sein, Patienten mit chronischen Erkrankungen Medikamente über die Kleidung zu verabreichen, die den Wirkstoff gleichmässig und permanent abgeben kann. Dazu sind jedoch noch klinische Studien nötig.
Schweizer Textilindustrie im Überlebenskampf
Mit solchen Spezialitäten für die Medizin, ihren ökologischen Textilien oder Kleidern mit Wärme-/Kältemanagement hält sich Schöller seit Jahren an der Spitze und leistet der internationalen Konkurrenz erfolgreich Widerstand. Mit Investitionen in Maschinen und dem Versuch, die Konkurrenz in Fernost über Produktivität zu schlagen, sei kein Preis mehr zu gewinnen, sagt Hübner.
Nur mit Forschung, Entwicklung und Marketing habe die Schweiz eine Chance, in der Textil- und Bekleidungsindustrie noch mitzureden, so der Fachmann. Er muss es wissen, denn wer in dieser Branche seit einem halben Jahrhundert erfolgreich ist, kann nicht viel falsch gemacht haben.