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Spenden für die Forschung «Wissenschaftliche Crowdfunding-Projekte ticken etwas anders»

Wissenschaft ist teuer: Das Geld dafür kommt von der öffentlichen Hand und aus der Privatwirtschaft. Eine neuere Art, Geld zu sammeln ist das «Crowdfunding» – Spenden sammeln im Internet. Uni-Professor Mike Schäfer spricht über die neue Finanzierungsmöglichkeit für Forschungsprojekte.

Mike Schäfer

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Mike Schäfer ist deutscher Kommunikationswissenschaftler und Soziologe. Er ist Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich.

SRF: Sie haben eine Tagung zum Thema Crowdfunding organisiert. Ist das die Zukunft der Forschungsfinanzierung?

Mike Schäfer: Die Zukunft der Forschungsfinanzierung wird sicher nicht das Crowdfunding sein. Das macht schon der Grössenvergleich deutlich: Das Budget des Schweizerischen Nationalfonds beträgt rund eine Milliarde Schweizer Franken. Ein durchschnittliches Crowdfunding-Projekt hingegen wirbt etwa drei- bis viertausend Dollar ein.

Insofern wird Crowdfunding nie den Nationalfonds oder «reguläre» Forschungsförderungen ersetzen. Es wird aber möglicherweise für spezielle Forschende und ihre Projekte eine interessante Ergänzung sein.

Was ist Crowdfunding?

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Crowdfunding ist eine Methode des Fundraisings im Netz. Personen, Institutionen oder andere Akteure stellen Projekte auf spezielle Internet-Plattformen und versuchen damit, Geld einzuwerben – und zwar in Form von vielen kleinen Spenden von diversen Leuten aus der Bevölkerung (der sogenannten «Crowd»).

Crowdfunding ist beliebt bei Musikern, um etwa Geld für eine neue CD zu sammeln oder ein neuer Film soll mit dem Geld der «Crowd» finanziert werden. Das hat mit Wissenschaft nichts zu tun.

Wissenschaftliche Crowdfunding-Projekte ticken etwas anders, weil sie in aller Regel keine klare Gegenleistung liefern können. Es gibt am Ende kein Produkt im herkömmlichen Sinn. Was beim Spender oder der Spenderin aber zurückbleibt, ist das Gefühl, ein gutes wissenschaftliches Projekt gefördert zu haben.

Wenn man besonders viel spendet, gibt es zum Teil Möglichkeiten, noch näher an die Projekte heranzurücken. Vielleicht kann man das Labor besuchen, einen Tag in der Forschergruppe verbringen oder an einem Experiment mitarbeiten.

Manche Projekte laufen bereits gut im Ausland. Eine US-amerikanische Forscherin hat beispielsweise Geld für Labormaterial gesammelt, das sie sich aufgrund ihres Etats nicht leisten konnte. Ist das ein Vorbild für die Schweiz?

Dieses Beispiel zeigt, dass es – jedenfalls in anderen Ländern – nicht untypisch ist für Crowdfunding-Projekte, dass junge Forschende Geld für einen Teil ihres Projektes einwerben. Die Schweizer Förderbedingungen sind aber im internationalen Vergleich sehr komfortabel.

Nichtsdestotrotz kann ein Crowdfunding-Projekt durchaus eine interessante Erfahrung sein. Es zwingt Forscherinnen und Forscher dazu, sich sehr früh in ihren Projekten Gedanken darüber zu machen, wie man es anderen Leuten erklären und eben auch verkaufen kann.

Besteht dabei nicht das Risiko, dass nur Projekte erfolgreich sind, die sich gut verkaufen lassen und die Grundlagenforschung zu kurz kommt?

Diese Debatte muss man in der Tat ernst nehmen. Einerseits kann Crowdfunding eine Möglichkeit für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sein, um Geld für Projekte zu bekommen, für die sie anderweitig kaum Geld erhalten hätten. Das zweite Argument ist: Es demokratisiert die Forschung.

Die Öffentlichkeit kann genau die Projekte fördern, von denen sie denkt, dass sie förderungswürdig sind. Aber man muss sicherlich darauf achten, dass Projekte mit Substanz gefördert werden und nicht nur ein besonders «sexy» Thema oder «Wissenschaft mit süssen Tieren».

Das Gespräch führte Daniel Theis.

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