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Nukleare Abrüstung Forscher entwickeln neues Verfahren, um Atombomben zu überwachen

Wie erkennen Kontrolleure, ob ein nukleares Waffensystem wie versprochen unbrauchbar gemacht wurde? Wissenschaftlerinnen entwickeln und testen neue Überwachungsverfahren.

14’000 Atombomben gibt es heute auf der Welt. Schon einige Hundert genügen, um unseren Planeten in ein nukleares Inferno verwandeln.

«Angst ist in dieser Situation ein sehr angemessenes Gefühl», sagt Areg Danagoulian. Er arbeitet als Nuklearwissenschaftler am Massachusetts Institute of Technology MIT in Boston.

In dieser Funktion ist Danagoulian nicht nur ein Physiker, sondern auch ein Wahrheitssucher. Denn ob ein nukleares Waffensystem wie versprochen funktionsuntüchtig gemacht wurde, lässt sich oft nur bedingt prüfen.

Eine Gruppe von Männern im Labor.
Legende: Areg Danagoulian (3. v.l.) mit seinem Team im MIT-Labor. Melanie Gonick, MIT

Das ist höchst beunruhigend. Danagoulian hat daher mit seinem Team ein Überwachsungsverfahren entwickelt, das Abrüstungsbetrug entlarven soll, ohne dass das Bedürfnis der Atommächte nach Geheimhaltung verletzt wird. Denn keine Atommacht will Einblick in ihre Waffensysteme geben.

Wie aber sollen Überwachungsexperten erkennen, ob ein nuklearer Sprengkopf unbrauchbar gemacht wurde, wenn sie nichts sehen dürfen?

Verschlüsselung und Verzerrung

Areg Danagoulian und sein Team setzen auf Verschlüsselung bzw. Verzerrung. Ihre Überwachungstechnologie würde es erlauben, die Bombe zu durchleuchten, ohne deren Innenleben wirklich zu sehen. Das Rezept geht so: Man richte einen Neutronenstrahl auf den Sprengkörper, lasse diesen durch den Sprengkörper gleiten und schiebe zwischen den austretenden Messstrahl und das Messgerät hinter dem Sprengkörper eine Folie.

Die Folie funktioniert wie ein Filter. Sie besteht aus Plutonium und Uran – also aus denselben Materialien wie die Bombe selber. Das stört einerseits den Messstrahl, so dass man nicht mehr erkennen kann, wie die Bombe im Innern aufgebaut ist.

Den Unterschied erkennen

Zum anderen aber werden die Daten durch die Folie immer in derselben Weise verzerrt. Sodass ein Vergleich zwischen verschiedenen Atomwaffen desselben Typs möglich ist. Das heisst, die Kontrolleure könnten den Unterschied erkennen zwischen einer unbrauchbar gemachten und einer noch einsatzfähigen Bombe.

Zudem würden die Besitzer der Waffen im Geheimen über die Filterdicke entscheiden. So könnte niemand sonst von den Messdaten aufs Innenleben der Waffe schliessen.

Heutige Techniken sind unbefriedigend

Doch da ist im Moment noch ein grosses Problem – im wahrsten Sinne des Wortes: Neutronenstrahlen müssen von riesigen Beschleunigern erzeugt werden. Areg Danagoulian und sein Team arbeiten jetzt an einem Gerät, dass in einem Lastwagen Platz haben und damit praxistauglich sein soll.

Flughafen-Friedhof
Legende: Auf dem «Flughafen-Friedhof» in Arizona der Davis-Monthan Air Force Base liegt die zerstörte B52-Flotte. Getty Images / Nearmap

Bis dahin wird nukleare Abrüstung weiter auf andere Techniken setzen, die sehr unbefriedigend sind: Denn die Abrüstungsverträge erfassen in der Regel nur die Trägersysteme.

Das heisst: Nur die Raketen oder Flugzeuge, die die Waffen transportieren, werden zerstört. Nicht aber die Atombomben selber. Das ist der Grund, weshalb in der Wüste von Arizona B52-Bomber mit abgesägten Flügeln stehen. Gut erkennbar auf Satellitenbildern dienten sie als Beweis für Russland, dass die USA den Abrüstungsvertrag erfüllt hatten.

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