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Ende von «Horizon 2020» Schweiz-EU: Düstere Wolken am Forschungshorizont

Das ungeklärte Verhältnis zur EU verunsichert Schweizer Hochschulen und bereitet Wissenschaftlern schlaflose Nächte.

Die Schweiz und die EU ringen derzeit intensiv darum, wie sie ihr künftiges Verhältnis regeln sollen. Das betrifft indirekt auch die Wissenschaft – wie Forschende aus der Schweiz bereits einmal erfahren mussten.

Als 2014 die Masseneinwanderungsinitiative angenommen wurde, reagierte die EU prompt: Sie schloss die Schweiz kurzerhand vom europäischen Forschungsrahmenabkommen «Horizon 2020» aus.

2014: Schweizer Unis ausgeschlossen

Eine böse Überraschung für viele Schweizer Wissenschaftler: Auf einen Schlag gab es für sie keine prestigeträchtigen europäischen Stipendien mehr und sie durften keine europäischen Forschungsprojekte mehr leiten. Auch an Erasmus, dem beliebten Austauschprogramm für Studierende, konnte die Schweiz nicht mehr teilnehmen.

Komplett ausgeschlossen war die Schweiz nur ein halbes Jahr. 2017 konnte sie wieder vollumfänglich bei «Horizon 2020» einsteigen. Möglich wurde das, weil sie einer wichtigen Forderung der EU nachgab und die Personenfreizügigkeit auf Kroatien ausweitete. Ein kleiner Schritt in der Aussenpolitik – und die Tür zur Forschungszusammenarbeit öffnete sich wieder.

Kurzer Ausschluss – kleiner Schaden

«Weil der Ausschluss relativ kurz dauerte, war der Schaden damals nicht allzu gross», sagt Dominik Zumbühl, Professor für Quantenphysik an der Universität Basel. «Aber wenn die Schweiz länger ausgeschlossen wäre, dann würde die Wissenschaft sicher leiden.»

Zwei Herren und eine Dame schütteln Hände und halten ein Dokument
Legende: Schrittweise Annäherung: Ende 2014 unterzeichnet Bundesrat Schneider-Ammann eine Teil-Mitgliedschaft bei «Horizon 2020». Keystone

Sein Forschungsgebiet steht exemplarisch dafür, wie die Wissenschaft heute in vielen Bereichen funktioniert: international hochgradig vernetzt – und gleichzeitig im ständigen Wettbewerb um die besten Forschenden aus der ganzen Welt.

Was kommt nach «Horizon 2020»?

Ende nächsten Jahres läuft «Horizon 2020» aus. Eigentlich müsste bereits auf Hochtouren darüber verhandelt werden, ob die Schweiz auch am neuen europäischen Forschungsprogramm teilnehmen kann.

Bildungsminister Guy Parmelin gibt sich zuversichtlich: «Die EU hat mit der Schweiz einen wichtigen Partner in der Wissenschaft – diese Zusammenarbeit wird die EU nicht leichtfertig kündigen.»

Martin Vetterli, Präsident der EPFL in Lausanne, ist sich da nicht so sicher: «Es gibt ein paar wenige Probleme, die mich schlaflos machen – und das ist eines davon.»

«Champions League der Forschung»

Auf dem Spiel stehen die europäischen Fördergelder: Im Rahmen von «Horizon 2020» hat die Schweiz bis vergangenen Frühling mehr als eine Milliarde Franken aus dem europäischen Forschungsfonds zugesprochen bekommen. Mehr als 600 prestigeträchtige europäische Stipendien wurden an Forschende in der Schweiz vergeben.

Ein Mann hantiert an einer grossen Maschine
Legende: Das Swiss Plasma Center der EPFL ist eines von vielen Schweizer Forschungslabors, die von «Horizon 2020» profitieren. Keystone

Ob sich Forschende aus der Schweiz in Zukunft um diese Fördergelder bewerben können, ist derzeit noch völlig unsicher. «Ausserdem», so Joël Mesot, Präsident der ETH Zürich, «geht es primär um das Netzwerk und den Wissensaustausch – also um die Frage, ob die Schweiz weiterhin in dieser ‹Champions League der Forschung› mitspielen kann.»

Für die Hochschulen in der Schweiz wäre es darum ein klarer Wettbewerbsnachteil, falls die Schweiz am neuen Forschungsprogramm nicht teilnehmen kann.

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