Heute bin ich von Fairbanks im Innern Alaskas an die Küste gereist, nach Barrow, dem nördlichsten Ort der USA (71° 17" N 156° 47" W). Der Flieger machte einen Zwischenstopp in Deadhorse, dem Flughafen der Ölregion Prudhoe Bay – hier verdient Alaska sein Geld. Die Passagiere auf dem Flug nach Deadhorse sahen nach Ölplattform aus: breite Schultern, dicke Jacken, Baseballcaps. Einer trug einen dunkelblauen Kapuzenpulli, darauf eine Nackte, dazu zwei Schriftzüge: «North Slope Militia» und «God, Guns, Oil». North Slope ist die Bezeichnung für Nordalaska. Ich habe kein Gespräch gesucht.
In Barrow ist der Walfang der Einheimischen vom Stamm der Inupiat in vollem Gang. Dazu bauen sie auf dem Meereis, das bis an die Küste reicht, ihre Lager auf und warten, bis sich offene Stellen bilden, wo die Grönlandwale durchziehen. Taucht einer auf, verfolgen sie ihn mit einem kleinen Boot und Harpunen. Allerdings sind die Verhältnisse diesen Frühling nicht günstig. Das Eis verhalte sich äusserst ungewöhnlich, sagen die Jäger.
Vor zwei Tagen habe sich plötzlich ein Riesenspalt aufgetan und die Walfangcrews, die weiter draussen auf dem Eis campierten, mussten sich eilends in Sicherheit bringen. Bis jetzt haben sie keinen einzigen Wal erlegt. Darum hat sich das halbe Dorf heute abend um 18 Uhr am Strand versammelt und für besseres Eis, Ostwind und den Jagderfolg gebetet – Guns n’ Prayers.