Heute habe ich mit Fran Ulmer gesprochen. Sie ist Vorsitzende der arktischen Forschungskommission der USA und Politikerin der demokratischen Partei. Sie amtete auch schon als Vizegouverneurin Alaskas. Wir haben über das viele Öl gesprochen, das bereits in Alaska gefördert worden ist – und jenes, das noch immer im Grund von Land und See verborgen ist. Soll Alaska dieses Öl ausbeuten, das teilweise nur deshalb in Reichweite gelangt ist, weil das Meereis wegen des Klimawandels immer mehr zurückgeht?
Fran Ulmer ist die Ironie der Situation bewusst, aber sie kommt zum Schluss: Alaska brauche die Öl-Einnahmen: 160 Milliarden Dollar hat der Staat seit den 70er-Jahren eingenommen, nur dank ihnen habe das ländliche Alaska entwickelt werden können. Als sie vor 40 Jahren hierher gekommen sei, hätten die Ureinwohner in ihren abgelegenen Dörfern in der Dritten Welt gelebt. Kein fliessend Wasser, keine WC, ein Raum für vielköpfige Familien, höchstens eine Primarschule im Dorf.
«Die Menschen in Alaska finden, die Welt verlange nach ihrem Öl, also fördern wir es», sagt Fran Ulmer. Der Klimawandel sei ein globales Problem – und damit sei es nicht an Alaska, es zu lösen. Daran muss ich an diesem Tag immer wieder denken. Zum Beispiel, als ich den Busfahrplan studiere: in der 300'000-Einwohnerstadt fahren alle Linien lediglich im Stundentakt. Oder im Hotelzimmer, das trotz Frost in der Nacht angenehm warm ist; Fenster, Türen und Wände aber sind eher für tropische Verhältnisse ausgelegt. Als ich draussen vor dem Hotel für eine halbe Stunde die Frühlingssonne geniesse, steht die ganze Zeit über ein gigantischer Pick-Up-Truck auf dem Parkplatz. Vom Besitzer keine Spur, der Motor im Leerlauf.